Ungarn verwahrt sich gegen Kritik am Mediengesetz

Ungarn verwahrt sich gegen Kritik am Mediengesetz
Am Samstag übernimmt Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft. Die Kritik an dem Mediengesetz der rechtspopulistischen Regierung wird immer schärfer. Doch Budapest zeigt sich unbeeindruckt. Der Staatspräsident hat das Gesetz unterzeichnet. Nun tritt es am 1. Januar in Kraft.

Der Ton im Streit über das ungarische Mediengesetz wird schärfer. Die Bundesregierung erwartet, dass das Gesetz noch überarbeitet wird. Er gehe davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei und Fragezeichen beseitigt würden, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP). Die Regierung in Budapest, die zum Jahreswechsel turnusmäßig die sechsmonatige Ratspräsidentschaft in der EU übernimmt, wies alle Einwände zurück. Ungeachtet der Kritik unterzeichnete Staatspräsident Pal Schmitt das Gesetz, das nun am 1. Januar in Kraft tritt.

Ministerpräsident Viktor Orban erklärte, es sei "bedauerlich", dass die internationale Kritik "nichts Konkretes" enthalte, sondern "nur Befürchtungen und Drohungen". Sein Außenminister Janos Martonyi fügte hinzu, Kritik sei allenfalls angebracht, sobald sich die Befürchtungen, dass das Gesetz missbraucht werden könnte, "bewahrheiten".

Keine offizielle Mitteilung

Unterdessen wurde bekannt, dass Staatspräsident Schmitt das Gesetz unterzeichnet hat. Das erfuhren ungarische Medien aus der Redaktion des ungarischen Gesetzblattes, wo das Gesetz voraussichtlich am Freitag erscheint. Eine offizielle Mitteilung gab es dazu nicht. Schmitt machte demnach von der Möglichkeit, das Gesetz zu verzögern, keinen Gebrauch: Anstatt die Vorlage gegenzuzeichnen, hätte er sie an das Verfassungsgericht zur Überprüfung weiterleiten können.

Die sozialistische Oppositionspartei MSZP kündigte daraufhin an, ihrerseits beim Verfassungsgericht eine Überprüfung zu verlangen. Nun sei es klar, dass «der erste Mann unserer zerzausten Republik unfähig ist, der Zerstörung der Demokratie» Einhalt zu gebieten, hieß es in einer Mitteilung der MSZP.

Ungarn steht wegen der geplanten Einschränkung der Pressefreiheit heftig in der Kritik. Das Gesetz sieht vor, dass künftig eine Kontrollbehörde, deren Mitarbeiter der Regierungspartei angehören, die Medien beaufsichtigen soll. Sollten die Prüfer zu der Einschätzung kommen, dass die Berichterstattung fehlerhaft ist, drohen hohe Geldstrafen.

Staatsminister Hoyer sagte der "Frankfurter Rundschau": "Es wäre gut, wenn dieses Thema rasch aus der Welt geräumt wird." Gerade in der neuen EU-Führungsrolle sei Ungarn ganz besonders gefordert, sich an alle europäischen Regeln zu halten. In der Europäischen Union müsse die Wahrnehmung der Grundrechte "ohne jeden Zweifel gewährleistet" sein, mahnte Hoyer.

Graf Lambsdorff: "Ungarn nicht in vollem Umfang reif"

Der stellvertretende Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, der Österreicher Hannes Swoboda, zeigte sich in derselben Zeitung davon überzeugt, dass das Vorhaben gegen europäische Werte verstoße. Wenn das Gesetz in seiner vollen Schärfe angewandt werde und Journalisten systematisch unter Druck gesetzt würden, werde das EU-Parlament "sicherlich auch das Instrument des Stimmrechtsentzugs ins Spiel bringen", sagte Swoboda.

Orban und Martonyi erklärten hingegen, die Kritiker hätten den Gesetzestext offensichtlich nicht gelesen. Das Gesetz entspreche in jedem Punkt Gesetzen in anderen EU-Staaten. Außenminister Martonyi meinte, die Kontroverse werde die am 1. Januar beginnende EU- Ratspräsidentschaft nicht überschatten. Er hoffe, dass die EU- Kommission nach Prüfung des Mediengesetzes einen "sachlichen Standpunkt" vertreten werde, sagte Martonyi im ungarischen Rundfunk.

Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff kritisierte im NDR Info, Ungarn sei nicht "im vollen Umfang reif" für die Präsidentschaft. Er forderte die EU-Kommission zum Handeln auf, damit Ungarn wieder den EU-Standards genüge. "Das Ganze ist ja ein Rückschritt hinter die Regelungen, die Ungarn im Beitrittsprozess durchlaufen hat und das ist etwas, was wir nicht hinnehmen sollten."

dpa