OSZE-Gipfel in Kasachstan endet ohne Visionen

OSZE-Gipfel in Kasachstan endet ohne Visionen
Lange Verhandlungen, spärliche Ergebnisse: In der kasachischen Hauptstadt Astana rangen die Diplomaten der 56 OSZE-Mitgliedsstaaten zäh um ein Abschlussdokument und um ein Programm für die Zukunft. Doch dieser Erfolg blieb für den Gastgeber am Ende aus.
03.12.2010
Von Christina Horsten und Andrew Yurkovsky

Die Verhandlungen dauerten bis tief in die Nacht, aber das erhoffte Ergebnis brachten sie nicht. Mit einem aussagekräftigen Abschlussdokument wollte sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei ihrem ersten Gipfel seit 1999 eine neue Vision geben: Interne Reformen, konkrete Lösungsansätze für schwelende Konflikte in Osteuropa und Zentralasien. Für den seit 20 Jahren autoritär regierenden kasachischen Staatschef Nursultan Nasarbajew sollte es die Krönung des OSZE-Vorsitzes seines Landes werden. Doch am Ende war nur ein dünnes Papier in Sicht - ohne echte Ergebnisse.

Wichtige Gäste abgereist

Ohnehin hatten Spitzenpolitiker wie Kanzlerin Angela Merkel und die US-Außenministerin Hillary Clinton das Treffen schon am ersten der beiden Tage wieder verlassen. Auch der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte zwar bei seinem Kurzbesuch am selben Tag Reformen der OSZE mit ihren 56 Mitgliedsstaaten gefordert. Doch schon in den Wochen vor dem Gipfel war klar, dass in der kasachischen Hauptstadt Astana am Ende nichts Greifbares für die Zukunft des Bündnisses steht.

Dabei hatte sich Nasarbajew noch am Donnerstagmorgen zuversichtlich gezeigt, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden würden. Dann verschob er seine geplante Pressekonferenz erst um zwei, dann um vier Stunden und schließlich auf unbestimmte Zeit. Der erhoffte Aktionsplan für die Lösungen der seit Jahren anhaltenden Konflikte in Zentralasien und Osteuropa sei geplatzt, hieß es schließlich. Insbesondere die russische Delegation verhinderte dem Vernehmen nach mit ihrem Widerstand gegen einzelne Formulierungen am Ende den Gipfelerfolg.

Am Rand des Eklats

Hauptstreitpunkt im Palast der Unabhängigkeit: Der Südkaukasuskrieg zwischen Russland und Georgien im August 2008. Während mehrere Länder - darunter auch Deutschland und die USA - gefordert hatten, eine OSZE-Mission für ganz Georgien widerherzustellen, weigerte sich Russland, das Thema überhaupt in das Abschlussdokument aufzunehmen. Russland hatte die von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängig anerkannt und dort Soldaten stationiert.

Auch mehrere seit Jahren schwelende Konflikte in Osteuropa und Zentralasien sorgten für Streit - etwa die von Moldawien abtrünnige Region Transnistrien, die von Moskau kontrolliert wird, und die zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittene Region Berg-Karabach.

Vertreter mehrerer Länder waren dem kasachischen Präsidenten beigesprungen und appellierten, bestehenden Differenzen endlich zu überwinden. «Die Stabilität einer riesigen Gemeinschaft steht auf dem Spiel. Wir müssen ein Signal des Optimismus aussenden», forderte Italiens Staatschef Silvio Berlusconi. "Lasst uns Entschlossenheit zeigen, dass die OSZE den Aufgaben gewachsen ist", beschwor der türkische Staatspräsident Abdullah Gül die Teilnehmer zum Ende der Debatten. Doch die Gemüter waren am Ende so erhitzt, dass viele sich bei den draußen in der kasachischen Steppe tobenden Schneestürmen Abkühlung verschaffen mussten.

dpa