Demonstranten wollen Castor weiter aufhalten

Demonstranten wollen Castor weiter aufhalten
Deutschland ist in Proteststimmung. Gegen den aktuellen Castortransport wird heftig demonstriert. Mit Sitzblockaden soll der Atommüll weiter aufgehalten werden.

Der Castor-Transport nach Gorleben mit den scharfen Protesten von Atomkraftgegnern soll nach dem Willen der Grünen noch in dieser Woche den Bundestag beschäftigen. Sie beantragten dazu eine Aktuelle Stunde, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, am Montag mitteilte. "Die größten Demonstrationen aller Zeiten gegen die Castoren zeigen: Die Ruhe in der Atompolitik ist vorbei. Die Laufzeitverlängerung hat den Konsens in der Atompolitik zerstört", erklärte Beck. Mit der Verlängerung werde sich die Atommüllmenge um ein Viertel vermehren. Beck forderte: "Der faktische Endlagerbau in Gorleben muss beendet und eine wissenschaftlich fundierte offene Endlagersuche auf den Weg gebracht werden."

Beck machte die schwarz-gelbe Bundesregierung verantwortlich für die Auseinandersetzungen im Wendland: "Die unverantwortliche Atompolitik von Schwarz-Gelb hat weder Mehrheit noch Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Bundesregierung missbraucht tausende Polizisten, um ihr Milliardengeschenk an die vier Atomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall durchzusetzen."

Grüne: Schwarz-gelbe Atompolitik gescheitert

Grünen-Chefin Claudia Roth hat die schwarz-gelbe Atompolitik für gescheitert erklärt. "Man kann nicht gegen die große Mehrheit im Land und eine ganze Region die gefährlich falsche Lobbypolitik mit Polizeigewalt durchdrücken", sagte Roth der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Dannenberg. "Die politische Eskalation geht eindeutig von Schwarz-Gelb aus." Die Bundesregierung müsse die Entscheidung, die Atomlaufzeiten zu verlängern, zurücknehmen.

Die Proteste in der Region zeigten einen breiten gesellschaftlichen Widerstand. "Es war die größte Schienenblockade, die es je gegeben hat", sagte Roth zur Protestaktion von Atomkraftgegnern auf den Gleisen im Wendland. Die niedersächsischen Grünen sprachen von einem "chaotischen Polizeieinsatz".

Bouffier: Trittin soll auf Atomgegner einwirken

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin mit Blick auf die Castor-Proteste aufgerufen, beruhigend auf die Atomkraftgegner einzuwirken. "'Ich fordere alle auf, sich zu mäßigen - insbesondere die Grünen'. Als Trittin Bundesumweltminister war, gab es auch Castor-Transporte. Da hat er zur Mäßigung aufgefordert. Ich fände es gut, wenn er das jetzt wieder macht", sagte Bouffier am Montag vor der CDU-Bundespräsidiumssitzung in Berlin. "Das, was da zum Teil passiert, ist eine Perversion des Begriffs "gewaltfrei"."

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) lehnte wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Forderungen aus Niedersachsen ab, sich an den Kosten des Polizeieinsatzes zum Schutz der Castor-Transporte ins Zwischenlager Gorleben zu beteiligen. "Es ist gängige Praxis, dass sich Länder mit Polizeikräften aushelfen und man sich das nicht gegenseitig in Rechnung stellt." Zu den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten sagte er: "Beide Seiten müssen darüber nachdenken, ob die Mittel die richtigen sind."

Röttgen verteidigt Castor-Transport

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat den Castor-Transport nach Gorleben erneut verteidigt. Die Entsorgung von Abfällen aus Kernenergie sei eine alternativlose Notwendigkeit, sagte Röttgen am Montag bei einem Symposium in Berlin. "Wir haben diesen Strom genutzt. Daraus fallen Abfälle an, die Verantwortung begründen. Dieser kann man nicht entfliehen", betonte der Minister. Die Transporte seien bereits von seinen Amtsvorgängern abgesegnet worden.

Atomkraftgegner in der Region haben ihn inzwischen aufgefordert, umgehend ins Wendland zu kommen. "Die Situation im Wendland erfordert, dass der Minister sich jetzt auf den Weg nach Gorleben macht und nicht kurz vor Weihnachten», sagte der Sprecher der Anti-Atom-Organisation «.ausgestrahlt", Jochen Stay, am Montag. Röttgen hatte zuvor angekündigt, dass er noch dieses Jahr nach Gorleben kommen wolle. "Röttgen hat noch immer nicht verstanden: Die Bundesregierung kann diesen Konflikt nicht länger der Polizei überlassen. Wir wir aktuell erleben, lässt sich die Situation mit polizeilichen Mitteln nicht mehr lösen", sagte Stay.

Polizeigewerkschaft kritisiert Castor-Einsatz

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Politik für untragbare Zustände beim Castor-Transport verantwortlich gemacht. "Wir haben seit Jahren kritisiert, dass auf dem Rücken der Polizei politische Entscheidungen und Fehler ausgetragen werden", sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut am Montag in Dannenberg.

"Ob in Stuttgart oder heute im Wendland, meine Kolleginnen und Kollegen kommen wegen politischer Fehlentscheidungen nicht mehr aus ihren Einsatzanzügen", kritisierte Witthaut. Die GdP habe seit Sonntag von Einsatzkräften immer öfter Informationen erhalten, dass sie mehr als 24 Stunden am Stück im Dienst sein mussten.

Der niedersächsische GdP-Vize Dietmar Schilff betonte: "Nicht nur über die endlosen Dienstzeiten haben unsere Einsatzkräfte mit Recht Klage geführt, sondern auch darüber, dass sie in der Kälte teilweise nicht oder nur sehr spät mit heißen Getränken oder einer Suppe versorgt wurden."

Das liege aber nicht an den Versorgungskräften, die auch bis zur Erschöpfung arbeiteten, sondern daran, dass sie nicht darüber informiert wurden, wo diese Einsatzkräfte im weiten Wendland stehen, kritisierte die Gewerkschaft der Polizei. 

Verladen der Castor-Behälter dauert Stunden

Das Verladen der Castor-Behälter vom Zug auf Tieflader dauert in diesem Jahr mindestens 15 Stunden. Davon geht die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) aus, die das Zwischenlager Gorleben betreibt. Das Umladen ist nötig, weil der Castor-Transport das letzte Wegstück bis zum Zwischenlager nicht mehr per Bahn zurücklegen kann, sondern nur auf der Straße.

Im Verladenbahnhof in Dannenberg werden die Behälter mit der hoch radioaktiven Fracht mit einem Spezialkran angehoben und dann langsam und vorsichtig auf Schwerlaster gehoben. Pro Behälter dauert dieser Vorgang etwa eine Stunde, schätzt die GNS.

Parallel dazu sind Gutachter während des Umlandes damit beschäftigt, die Strahlung der elf Behälter zu messen und andere Sicherheitsprüfungen vorzunehmen. Gecheckt wird unter anderem die Gamma- und Neutronenstrahlung. Die Messungen sind sehr zeitaufwendig. Früher wurde nur stichprobenartig gemessen. In diesem Jahr werden aber erstmals alle Behälter von Experten des TÜV, des Eisenbahnbundesamtes und der Gewerbeaufsicht untersucht.

Mit dem Umladen und den Messungen sind etwa 25 Menschen beschäftigt. Wenn der Vorgang abgeschlossen ist, entscheidet der Einsatzleiter der Polizei, wann der Straßentransport auf der letzten Teilstrecke ins Zwischenlager beginnt.

dpa