Komödie oder Tragödie? Konstantin Neven DuMont und das Internet

Komödie oder Tragödie? Konstantin Neven DuMont und das Internet
Die "Nachrufe" auf Konstantin Neven DuMont waren verfrüht. Er bleibt Verlagsvorstand. "epd medien"-Redakteur Michael Ridder analysiert die "Kommentaraffäre".
05.11.2010
Von Michael Ridder

Die zahlreichen Nachrufe waren offenbar verfrüht: Konstantin Neven DuMont ist fest entschlossen, Vorstand der traditionsreichen Kölner Mediengruppe DuMont zu bleiben. Und nicht nur das. Anstatt nach der "Kommentaraffäre" um anonyme Postings im Blog von Stefan Niggemeier erst einmal die Netzöffentlichkeit zu meiden, bis Gras über die Sache gewachsen ist, zeigte sich der Verleger am Freitag als quietschfideler Gastautor der Medienkolumne "Altpapier" im Internetportal "evangelisch.de". Da könnte man mit Thomas Bernhard fragen: Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie?

Konstantin Neven DuMont - der nach eigener Aussage die Blogosphäre liebt, auch wenn er sich aus "Suchtgefahr" nur eine halbe Stunde am Tag damit befasst - berichtet in der Kolumne, dass Günter Wallraff sein Lieblingsjournalist sei. "Er nimmt sich Zeit für seine Recherchen und deckt Missstände auf. Dabei nimmt er auch Unannehmlichkeiten, Gerichtsprozesse und gesundheitliche Risiken in Kauf." Eine sozusagen ideale Berufsbildbeschreibung, die Neven DuMont allerdings sogleich von der Praxis der "Süddeutschen Zeitung" und ihres Redakteurs Marc Felix Serrao abgrenzt: Dieser tue sich im Vergleich zu Wallraff "noch ein wenig schwer".

Wenig schmeichelhaft

Serrao hatte eine Woche zuvor einen wenig schmeichelhaften Artikel über den Kölner Verleger veröffentlicht. Darin war vom "Drama um Konstantin Neven DuMont" die Rede, vom "Kopfzerbrechen", das der 40-Jährige in Vorstand und Aufsichtsrat ausgelöst habe. In gediegener Schwarz-Weiß-Prosa wurde das Schicksal des angeblich ungeeigneten Erben ausgemalt: "Hier der übermächtige Vater, der in Köln als medialer Kurfürst geachtet und gefürchtet wird. Dort der zappelige Sohn, der viel und gerne über Zukunftstechnologien redet, vom Verlagsgeschäft aber wenig Ahnung zu haben scheint. In diesen Tagen zeigt sich mit fast tragischer Wucht, dass DuMont Junior überfordert ist, vor allem mental." Mit seinem Beitrag lieferte Serrao einen schönen Beleg für die These, die seine Redaktionskollegin Franziska Augstein jüngst bei der Verleihung der Otto- Brenner-Preise aufstellte: dass nämlich unsere Medien dazu neigen, auch noch die wichtigsten Themen zu personalisieren.

Besonders der DuMont-Konzern wird von Medienjournalisten gern als moderner Königshof angesehen, an dem verfeindete Familienstämme Intrigen spinnen. Wie in einem Shakespeare- Stück geht es um große Herrscher und schwache Nachfolger, um Macht, Eitelkeit und Verrat. So was liest sich immer gut. Was es aber für den deutschen Journalismus bedeutet, wenn ein Zeitungskonzern wie DuMont eine Reporterfirma ausgründet - das bleibt im Dunkeln. Konstantin Neven DuMont machte im "Altpapier" nicht den Fehler, auf die Verbalinjurien der SZ näher einzugehen. Leider verschenkte er aber auch eine naheliegende Pointe.

Die SZ im Glashaus

Wenn die SZ schreibt, die Angelegenheit sei für DuMont "inzwischen nur noch peinlich", schließlich sei "es ein großer und einflussreicher Medienkonzern, der hier seit einer Woche vormacht, wie man nicht mit einer Krise umgeht" - dann hätte man auf diese Glashaus-Äußerungen durchaus entgegnen können, dass der Süddeutsche Verlag keine Pressestelle mehr hat, seit die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) dort Mehrheitsgesellschafter ist.

Und die vergeblichen Versuche, von der Geschäftsführung der SWMH eine Stellungnahme zu bekommen, füllen zahllose Journalistenanekdoten. Ist die Affäre nun vorbei? Werden wir niemals erfahren, wer sich an den Rechner des Konstantin Neven DuMont setzte und unter den Pseudonymen "Desillusionierter", "Ichglaubsnicht", "Kernkraft" oder "Wachmalauf" Kommentare bei Stefan Niggemeier hinterließ? Es sieht fast so aus. Kronprinz Konstantin bleibt launig im Amt, und der Rest an der Amsterdamer Straße in Köln ist Schweigen.


Michael Ridder ist Redakteur des Fachdienstes epd medien. Dort erschien sein Artikel in der Ausgabe 87/2010 in der Rubrik "Tagebuch"