Zahnärzte verweigern Kassenpatienten Termine

Zahnärzte verweigern Kassenpatienten Termine
Viele Zahnärzte in Deutschland geben Kassenpatienten bis zum Jahresende nur noch im Notfall einen Termin. Vor allem AOK- Versicherte sind betroffen. Die Bundesregierung und die Krankenkassen rufen Versicherte auf, dies nicht hinzunehmen.

Viele Kassenpatienten werden beim Zahnarzt in den kommenden zwei Monaten abgewiesen, weil die Ärzte ihr Honorarbudget für dieses Jahr schon erschöpft sehen. Bei einzelnen Versicherten- Gruppen werden nur noch Zahnschmerzen und Notfälle behandelt. "In fast allen Bundesländern müssen gesetzlich Versicherte bei bestimmten Kassen bis Jahresende mit Einschränkungen rechnen", sagte der Vorsitzende der Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Jürgen Fedderwitz, der "Bild"-Zeitung.

"Wir haben für die Patienten der AOK in Bayern sogenannte Puffertage eingeführt", erläuterte Fedderwitz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Diese dauerten von Mitte Oktober bis zum 31. Dezember. Nur unbedingt notwendigen Behandlungen würden in dieser Zeit durchgeführt. Selbst Vorsorge werde gestrichen: "Da kann es mit dem Stempel für das Bonusheft schon eng werden."

Fedderwitz sagte, die Budgets für Zahnbehandlungen seien aufgebraucht. Viele Mediziner arbeiteten bereits auf eigene Kosten. Notfälle wie akute Zahnschmerzen würden auch weiter behandelt. Betroffen von den Einschränkungen sind auch Versicherte der AOK Berlin-Brandenburg. Auch der größte Teil der mehr als fünf Millionen Versicherten der Innungskrankenkassen (IKK) müsse damit rechnen, erst im kommenden Jahr wieder Zahnarzttermine zu bekommen, so die "Bild"-Zeitung.

Unverantwortliche Angstmache

Bundesgesundheitsministerium und Krankenkassen reagierten mit Unverständnis. "Alle Kassenzahnärzte sind verpflichtet, ihre Patientinnen und Patienten umfassend zu behandeln", sagte Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (FDP). "Es ist die gesetzliche Aufgabe der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, dies sicherzustellen." Werde eine Behandlung verweigert, sollten sich die Versicherten an ihre Kasse wenden oder an die Sozialministerien der Länder. "Das sind die zuständigen Aufsichtsbehörden."

Ann Marini, Sprecherin des Kassen-Spitzenverbandes, sagte: "Unverantwortlich ist es, dass Zahnärztefunktionäre die Ängste von Patienten schüren, nur um eigenen Honorarforderungen im Zuge der aktuellen Reformdebatte Nachdruck zu geben." Zahnärzte reklamierten Jahr für Jahr Erfolge bei der Verbesserung der Mundgesundheit für sich, gingen nun aber plötzlich von einem höheren Behandlungsbedarf aus.

"Dringender Appell" an die Politik für höhere Budgets

Das Geld der Kassen für die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen reiche, betonte Marini. Offenbar versage das interne Verteilungsmanagement. "Jeder weiß, dass ein Jahr zwölf Monate hat, da kann man nicht das gesamte Jahresbudget bereits innerhalb der ersten neun Monate verbrauchen." Zahnärzte, die Behandlungen verweigern, verhielten sich nicht gesetzeskonform. Versicherten sollten sich an ihre Kasse wenden.

Fedderwitz richtete einen "dringenden Appell" an die Politik, höhere Budgets zuzulassen. "Bei uns haben sich mittlerweile pro Jahr Budgetüberschreitungen von rund 150 Millionen Euro angesammelt." Rund 1,8 Millionen Kassenpatienten würden ohne Honorar behandelt.

dpa