John Lennon wäre heute 70 geworden

John Lennon wäre heute 70 geworden
Ihrem berühmten Sohn hat die Stadt Liverpool sogar einen eigenen Flughafen gewidmet. Der "John Lennon Airport" empfängt die Besucher mit dem Slogan "über uns nur noch Himmel", einer Zeile aus Lennons wohl berühmtesten Stück "Imagine". Als Gründer der Beatles hatte John Lennon bereits in jungen Jahren Weltruhm erreicht. Doch auch als Solokünstler machte er später mit spektakulären Kunst- und Friedensaktionen von sich reden.
08.10.2010
Von Holger Spierig

Als Mensch rang der Musiker, der 1980 von einem geistig verwirrten jungen Mann erschossen wurde, mit Selbstzweifeln und Depressionen. Am 9. Oktober wäre der Musiker und Friedensaktivist John Lennon 70 Jahre alt geworden.

"Lennons Musik wird bestimmt so lange bestehen, wie die Werke von Brahms, Beethoven und Bach", war der 1990 gestorbene Komponist und Dirigent Leonard Bernstein überzeugt. Als das Musikmagazin "Rolling Stone" eine Liste der 150 weltbesten Sänger veröffentlichte, kam Lennon auf den fünften Platz. "In allem, was John machte, lag eine ungeheure Intimität, die sich mit einem ungeheuren Intellekt paarte", schrieb der Musikerkollege Jackson Browne.

Düstere Persönlichkeit

Bei den Beatles war Lennon eher die düstere Persönlichkeit, die auch schnell zynisch werden konnte - im Gegensatz zu dem meist fröhlichen Bandkollegen Paul McCartney. Paul habe mit seinem Optimismus für eine gewisse Leichtigkeit der Songs gesorgt, während er selbst immer die traurigen Elemente und Missklänge eingebracht habe, erklärte Lennon einmal in einem Interview.

In seinem Stück "Help!", das er über Nacht für den gleichnamigen "Beatles-Film" schrieb, schilderte der damals 25-Jährige jene unerklärliche Verzweiflung der Depression. "Ich schrieb das Lied, weil ich es für den Film machen musste", erklärte Lennon. "Später merkte ich, dass ich tatsächlich um Hilfe schrie."

Verlust der Eltern

Für Lennon war der frühe Verlust seiner Eltern ein Trauma, das er offenbar nie vollständig überwinden konnte. Geboren wurde er als John Winston Lennon in einer Bombennacht am 9. Oktober 1940 in Liverpool. Der Vater war die meiste Zeit als Schiffssteward auf See und verließ die junge Familie schon bald. Seine Mutter Julia soll eine lebenslustige und musikbegeisterte junge Frau gewesen sein, die gern ausgelassen feierte und Liebschaften nicht abgeneigt war. John wuchs bei der Schwester seiner Mutter, Mimi genannt, in Woolton, einem bürgerlichen Vorort von Liverpool auf.

Als der jugendliche Lennon begonnen hatte, seine Mutter wieder regelmäßig zu sehen, wurde sie von einem Auto überfahren. "Ich verlor meine Mutter zweimal", erzählte der Musiker einmal im Interview. "Das machte mich noch verbitterter." Doch hinter der Fassade des aufbrausenden Rebellen, erkannten Freunde auch eine verletzliche Persönlichkeit.

Warmherziger Charakter

Lennon, so sein langjähriger Kollege und Jugendfreund Paul McCartney, sei "ätzend und schlagfertig gewesen, weil er das sein musste". Wenn man ihn aber näher kennengelernt habe, sei darunter "ein sehr warmherziger Charakter" zu spüren gewesen.

Dass Lennon einmal ein internationaler Star werden sollte, ahnte in Liverpool anfangs wohl niemand. Die Gitarre sei sicherlich ein schönes Hobby, sorgte sich seine Tante Mimi. Seinen Lebensunterhalt werde er damit aber nicht bestreiten können. In der Schule galt er als mittelmäßiger Schüler, der die Lehrer bis zur Weißglut zu provozieren verstand. Obwohl künstlerisch begabt, tauchte er in der Liverpooler Kunsthochschule nur sporadisch auf. Da war er aber längst infiziert vom wilden Rock 'n' Roll Elvis Presleys und Little Richards.

Beispiellose Erfolgsgeschichte

Mit 15 Jahren gründete Lennon die Band die "Quarrymen", zu der die jungen Liverpooler Paul McCartney und George Harrison stießen. Mit den beiden spielte Lennon auch 1962 den ersten Hit "Love Me Do" ein. Da nannten sie sich schon "Beatles" und schrieben bis zur ihrer Auflösung 1970 eine beispiellose Erfolgsgeschichte.

In seiner Musik verwandelte Lennon seine Unsicherheit und Verlustängste in große Kunst. Er war der "Niemand" in einem Nirgendland ("Nowhere Man") oder der krankhaft Eifersüchtige ("Jealous Guy"). Zugleich offenbarte er die zarte Seite des Romantikers. Seiner für ihn unerreichbar gebliebenen Mutter widmete er eines der schönsten Liebeslieder der Beatles, das Stück "Julia".

Ehe mit Yoko Ono

Nach einer ersten Ehe mit Cynthia Powell heiratete er 1969 die bereits bekannte Avantgarde-Künstlerin Yoko Ono. Mit ihr veranstaltete er spektakuläre Aktionen, wie das "Bed-In", bei dem das Ehepaar mit einer öffentlich in einem Hotelbett verbrachten Woche für den Weltfrieden demonstrierte. In den USA, wo John mit Yoko seit 1971 wohnte, erregte das Paar mit ihrem politischen Engagement das Misstrauen des Geheimdiensts FBI.

Das letzte Viertel seines Lebens experimentierte Lennon mit verschiedenen Lebensentwürfen. Er bekämpfte seine Drogensucht, begab sich in Psychotherapien und probierte sich als Ehemann und Familienvater. Nach der Geburt seines zweiten Sohnes Sean Ono-Lennon zog er sich sogar vorübergehend komplett aus dem Musikgeschäft zurück und wurde Hausmann.

Ermordung 1980

Erst fünf Jahre später veröffentlichte er wieder ein Album "Double Fantasy". Fast jedes Stück darauf ist eine Liebeserklärung an seine Frau Yoko, die auch gemeinsam mit ihm singt. Wenige Wochen nach der Veröffentlichung, am 8. Dezember 1980, wurde Lennon vor seinem Haus am New Yorker Central Park vom dem geistig verwirrten Mark David Chapman erschossen.

epd