Die Filmkritik der Woche: "The Social Network"

Die Filmkritik der Woche: "The Social Network"
David Fincher erzählt in "The Social Network" die Geschichte des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg. Der erscheint dem Zuschauer dabei regelrecht unsympathisch.
05.10.2010
Von Rainer Gansera

Das Internet und die sozialen Netzwerke mit ihren oberflächlichen Kontakten sind gefährliche Drogen, die gewaltigen gesellschaftlichen und psychologischen Schaden anrichten. Von solchen kulturkritischen Einsprüchen, wie sie der Schriftsteller Jonathan Franzen derzeit in Interviews immer wieder unternimmt, handelt David Finchers neuer Film "The Social Network" nicht. Auch nicht von den im vergangenen Jahr besonders laut gewordenen Befürchtungen, dass bei Facebook das "soziale Netz" nur ein Vorwand für den Zugriff auf Konsumentenprofile sei.

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Auf der Grundlage von Ben Mezrichs Buch "Milliardär per Zufall" erzählt David Fincher vom plötzlichen Reichtum des 19-jährigen Harvard-Studenten Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg), der im Herbst 2003 eine in der Luft liegende Idee aufgreift und Facebook begründet.

Idee geklaut?

Der Prolog präsentiert eine dialogisch toll ausgefeilte und herrlich ausgespielte Szene, die als Urszene zur Charakterisierung eines "Nerds", eines Technikfreaks, in die Filmgeschichte eingehen könnte. Da trifft sich Zuckerberg zu einem Date mit seiner Kommilitonin und Freundin Erica Albright (Rooney Mara) in einer Kneipe. Die beiden sitzen einander gegenüber und ihr Gespräch entwickelt sich derart katastrophisch, dass Erica ihn schließlich sitzenlässt und zum Abschied beschimpft: "Du bist nicht nur eine Nervensäge, du bist ein richtiges Arschloch!"

Dass Erica ihn abserviert hat, kränkt Zuckerberg derart, dass er sie in seinem Blog beschimpft und eine Webseite für Kommilitoninnen-Ranking einrichtet. Ein Studentinnen-Facebook als Rache für seinen Gesichtsverlust. Sein Ruf als genialer Hacker und Programmierer bringt die Brüder Winklevoss auf den Plan, zwei Studenten, die einer steinreichen Familie entstammen, der exklusivsten Harvard-Verbindung angehören und die Idee zur Einrichtung eines sozialen Netzes haben.

Vermarktung von Privatsphäre

Zuckerberg klaut ihnen die Idee, macht sie zur eigenen und erfindet sein Facebook. Sein einziger Freund Eduardo Saverin (Andrew Garfield) hilft ihm dabei und wird später hinterhältig abserviert. So entsteht das soziale Netz Facebook und entwickelt sich zur milliardenträchtigen Geschäftsidee der Vermarktung von Privatsphäre.

All dies wird aus der Zuckerberg-Perspektive mit Rückblenden erzählt, ausgehend von Vergleichsverhandlungen, in denen sich der Internetheld den Vorwürfen der Winklevoss-Brüder und Saverins stellen muss. Die dramaturgische Dichte des Prologs bleibt dabei unerreicht, aber die Verhandlungen sind auf witzige Pointen hin inszeniert, und die Rückblenden entfalten ein mit viel Ironie gezeichnetes Panorama der Charaktere und ihrer Milieus.

Sentimentales Muster

Besonders schön ausgemalt: die gediegene Winklevoss-Welt mit ihrer Geldadelarroganz und die Techno-Discos und das VIP-Getue von Napster-Erfinder Sean Parker (Justin Timberlake), auf den sich Zuckerberg einlässt, weil das Quantensprünge des Erfolgs verspricht.

Am Ende folgt Fincher dem sentimentalen Muster aller Hollywood-Erfolgsstorys: Der Held mag sich an seinem Milliardengewinn gar nicht so recht erfreuen, wenn er an Erica denkt oder an den schnöde ausgetricksten Freund Eduardo. Eine Assistentin charakterisiert Zuckerberg so: "Sie sind kein Arschloch, aber sie tun alles dafür, dass es so erscheint!"

USA 2010. Regie: David Fincher. Buch: Aaron Sorkin. Mit: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Rooney Mara, Justin Timberlake. 120 Min. FSK: o.Al., ff.

epd