Fairtrade will raus aus seiner Nische

Fairtrade will raus aus seiner Nische
Gerechte Löhne, soziale Arbeitsbedingungen, keine Kinderarbeit: Auf der Fairtrade-Messe in Dortmund stellen Hersteller und Importeure ihre Produkte aus. Neu im Sortiment: modische Textilien. Damit wollen Händler den breiten Markt erobern.
24.09.2010
Von Maike Freund

Das Image von Fairtrade-Produkten ist nicht das beste. Während Genuss- und Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Reis und Schokolade mittlerweile auch in Discountern zu haben sind, müssen vor allem Textilien und Accessoires gegen ihr schlechtes Ansehen kämpfen: Zu muffig, zu öko, zu alternativ waren die Produkte bisher. "Aus Solidarität wurden die Sachen gekauft. Gebrauchen konnte es keiner", sagt Rolf Heimann, Leiter Innovation und Ökologie des Unternehmens Hessnatur.

Hessnatur ist einer der 112 Aussteller auf der Fairtrade-Messe in Dortmund. Das Konzept des Unternehmens: ökologisch hergestellte Mode ohne Öko-Touch. Dafür gibt es eine New Yorker Designerin, die innovative Mode entwirft. Green-Fashion sei im Kommen, sagt Heimann.

Baumwolle aus Burkina Faso

30 Prozent der von Hessnatur verwendeten Baumwolle wird in Burkina Faso unter Fairtrade-Bedingungen angebaut. Fairtrade bedeutet, dass Heimann die Bauern in Afrika berät, vertraglich geregelte Mengen der Baumwolle abnimmt und 20 Prozent Prämie auf den Preis zahlt. Das Fairtrade-Siegel hat Hessnatur für seine Baumwoll-Produkte nicht, aber die unternehmenseigenen Grundsätze richten sich danach.

Das Siegel wird von Transfair für fair gehandelte Produkte vergeben. Fair gehandelt heißt: keine Kinderarbeit, soziale Standards für Bauern und Arbeiter und gerechte Löhne. In Zukunft sollen auch noch ökologische Standards hinzukommen. Bisher bieten in Deutschland 150 Lizenznehmer rund 1.000 Produkte mit Siegel an. Sie sind in 30.000 Supermärkten, Naturkostgeschäften, allen Weltläden und in 10.000 gastronomischen Einrichtungen erhältlich.

3,4 Milliarden Euro Umsatz

2009 lag der weltweite Umsatz von Fairtrade-Produkten bei 3,4 Milliarden Euro. In Deutschland stieg der Umsatz in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich auf 267 Million Euro an, er nahm 26 Prozent zu. Auch im ersten Halbjahr 2010 stieg der deutsche Umsatz um 25 Prozent.

Ein Signal, das die Veranstalter als Bestätigung für ihr Motto sehen: Aus der Nische in die Mitte der Gesellschaft. "Fairtrade-Produkte sind ein Wachstumsmarkt, das zeigen die Zahlen." sagte Ulrich Sierau (SPD), Dortmunds Oberbürgermeister. Immer mehr Verbrauchern sei es wichtig, dass ihr Kaffee zu fairen Bedingungen produziert würde.

Zwar zeigen sich beim Umsatz ganz ordentliche Wachstumsraten, allerdings ist der Marktanteil der Produkte gering. 5.620 Tonnen Fairtrade-Kaffee – also Kaffee mit Gütezeichen – wurden 2009 in Deutschland verkauft. Immerhin 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings machen diese 5.630 Tonnen nur 1,3 Prozent Marktanteil aus, Tee liegt immerhin bei zwei Prozent. 65 Millionen Stiele Rosen wurden 2009 verkauft, damit haben Blumen mit fünf Prozent den größten Marktanteil bei Fairtrade-Produkten. Von einem Weg zur Kommerzialisierung, den Weg raus aus der Nische kann noch keine Rede sein.

Nippes und Accessoires

Zurück in der Messehalle: Bei Weitem nicht alles, was auf der Fairtrade zu sehen ist, ist trendy. Nach wie vor gibt es dort die Nischenprodukte: Nippes und Accessoires, Räucherstäbchen und Mineralien. Aber die Kleidung ist modisch geworden – trotz Fairtrade-Baumwolle. Zum Beispiel bei EZA, Österreichs größte Fairtrade-Importorganisation. Seit drei Jahren handelt EZA auch mit Fairtrade-Mode, die Baumwolle kommt aus Mauritius, auch alle anderen Materialien wie Seide und Leinen werden nur unter Fairtrade-Bedingungen eingekauft. Auf die Mode-Idee kam die Organisation, weil ein Angebot neben den klassischen Ketten wie H&M und Co. in Österreich fast nicht zu haben war.

Trotzdem. Der Vorbehalt der Kunden ist immer noch da: Fair gleich veraltet. Deshalb ist EZA auf der Messe vertreten.Um zu zeigen, dass Modisches auch zu fairen Bedingungen zu haben ist. Bleibt die Frage nach dem Preis. Denn der ist mit dem der Ketten in den Innenstädten nicht vergleichbar. Ein Langarmshirt für Frauen gibt es ab 30 Euro. Aber ein Kleid kann durchaus auch 140 Euro kosten.

Die Messe geht noch bis Samstag, sie ist auch für Besucher geöffnet. Der Eintritt kostet 4 Euro. Weiter Informationen und das Programm gibt es unter www.fair2010.de.


Maike Freund ist freie Journalistin und lebt in Dortmund