Roma-Abschiebung: EU geht gegen Frankreich vor

Roma-Abschiebung: EU geht gegen Frankreich vor
Eklat in Brüssel: In ungewöhnlich scharfer Form hat die EU-Kommission Frankreich wegen der Ausweisung von Roma attackiert und rechtliche Schritten gegen Paris angekündigt.

"Ich finde es zutiefst verstörend, dass ein Mitgliedsstaat die gemeinsamen Werte und das Recht der Europäischen Union in Frage stellt", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Dienstag in Brüssel. "Meine Geduld geht zu Ende, genug ist genug."

Die Kommission bereite zwei beschleunigte Verfahren gegen Frankreich wegen Verletzung des EU-Vertrages vor. Eine Entscheidung solle in den nächsten zwei Wochen fallen.

Es ist ausgesprochen selten, dass die EU-Kommission in solch heiklen Fragen die Politik von Mitgliedsstaaten kritisiert. Die Behörde reagiert damit auf das Bekanntwerden eines Schreibens aus dem französischen Innenministerium, das den Präfekten die Auflösung illegaler Lager - "in erster Linie die der Roma" - vorschreibt. Die Anweisung wurde von mehreren Medien veröffentlicht, allerdings hatte Einwanderungsminister Eric Besson bestritten, über dieses Schreiben informiert gewesen zu sein.

In den Verfahren wird die EU-Kommission Paris unter anderem die Verletzung des Grundsatzes des freien Personenverkehrs innerhalb der Europäischen Union vorwerfen. Nach der ersten Analyse verletze Frankreich EU-Recht, wenn die Anweisungen "auf eine gewisse Gruppe auf Basis von Nationalität, Rasse oder ethnischer Herkunft zielen würden", sagte Reding. Als Hüterin der Verträge werde die EU- Kommission über deren Einhaltung wachen.

Frankreich hat sich am Dienstag "erstaunt" über die Kritik der EU-Kommission wegen der Ausweisung von Roma geäußert. Die Regierung in Paris wolle sich jedoch jeglicher "Polemik" enthalten, hieß es am Dienstag in einer Erklärung des Außenministeriums. "Wir denken nicht, dass wir mit derartigen Äußerungen das Los und die Situation der Roma verbessern können, die im Zentrum unserer Sorgen und Handlungen stehen", betonte Außenamtssprecher Bernard Valero. Zu den von der EU-Justizkommissarin Viviane Reding angekündigten Verfahren gegen Frankreich wegen Verletzung des EU-Vertrages sagte er: "Es ist jetzt nicht an der Zeit für Polemik, für derartige Erklärungen; es ist an der Zeit, zugunsten der Roma tätig zu werden."

dpa