Ackermann setzt alles auf eine Karte: Milliarden für Postbank

Ackermann setzt alles auf eine Karte: Milliarden für Postbank
Die Deutsche Bank greift früher als erwartet nach der Mehrheit bei der Postbank. Für den Kampf um Privatkunden stockt der Branchenprimus sein Kapital mit einer Rekordsumme auf. Experten zweifeln, dass sich der Deal langfristig rechnet.
13.09.2010
Von Jörn Bender und Bernd Zeberl

Josef Ackermann setzt alles auf eine Karte. Um sein Haus bis zu seinem Abtritt im Jahr 2013 auf stabilere Beine zu stellen, drückt er bei der Postbank-Übernahme jetzt aufs Tempo. Um die Postbank vorzeitig zu übernehmen, und damit das Privatkundengeschäft zu stärken, will sich der Konzern in den kommenden Wochen die Rekordsumme von 9,8 Milliarden Euro am Kapitalmarkt besorgen. Die Deutsche Bank nimmt auch in Kauf, dass die Übernahme der Mehrheit des Bonner Konzerns deutlich teurer wird als einst geplant. Ökonomen bezweifeln, dass sich der Deal für den Branchenprimus langfristig rechnen wird.

Wo liegt der strategische Nutzen der Postbank?

"Es ist eine Riesenaufgabe, die Postbank annähernd in die Renditefelder zu führen, in denen die Deutsche Bank unterwegs ist", urteilt der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Martin Faust. Die Postbank bastele noch an einem eigenen Filialnetz, das Image der bisherigen Post-Tochter sei angestaubt. Bei der "Handelsblatt"-Bankentagung in der vergangenen Woche musste sich Postbankchef Stefan Jütte vor der versammelten Finanzbranche auf dem Podium den Scherz gefallen lassen: "Warum ich als Bankkunde in eine Postfiliale gehen soll, um Geldgeschäfte zu machen, habe ich noch nie verstanden."

Mit gut 14 Millionen Kunden nennt sich die Postbank zwar größte Privatkundenbank Deutschland, doch Faust schränkt ein: "Das Institut hat zwar viele Kunden, aber man muss sich schon fragen, mit welcher Qualität und mit welchem Potenzial." Der Ökonom betont: "Für mich war schon immer die Frage: Wo liegt der strategische Nutzen der Postbank? Die Postbank nur als Absatzkanal für Deutsche-Bank-Produkte zu nutzen, wird nicht funktionieren."

Banken-Großehe ist politischer Wille

Dass die Deutsche Bank für die Übernahme nun so tief in die Tasche greift beziehungsweise greifen muss, erklären Fachleute zum einen mit der schwachen Eigenkapitalausstattung des Bonner MDax-Konzerns. Beim jüngsten europäischen Test zur Krisentauglichkeit von Banken ("Stresstest") landeten die Bonner im Extremszenario mit 6,6 Prozent nur knapp über der geforderten Kernkapitalquote von 6,0 Prozent. Ackermann selbst hat für seine Bank deutlich höhere Vorgaben.

Zum anderen ist der politische Druck auf die Konzerne groß, im deutschen Bankenmarkt endlich zu neuen Strukturen zu kommen. Die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank war ebenso politischer Wille wie es die zweite Großehe unter den verbliebenen deutschen Großbanken ist, meinen Experten.

Basel III fordert mehr Eigenkapital von Banken

Für die Deutsche Bank ist die Postbank trotz aller Vorbehalte eine der wenigen Möglichkeiten, im hart umkämpften Geschäft mit Privatkunden in Deutschland nochmal ordentlich zuzulegen. Lange Zeit galt das Privatkundengeschäft vielen Großbanken - so auch der Deutschen Bank - als Stiefkind. Kleine Summen und geringe Renditen schienen uninteressant, das milliardenschwere internationale Geschäft lockte. Seit Ausbruch der Finanzmarktkrise ist der Privatanleger wieder begehrt, schließlich riss das riskantere Kapitalmarktgeschäft weltweit bei vielen Häusern riesige Löcher in die Bilanzen. So stärkte die Deutsche Bank ihr Privatkundengeschäft in den vergangenen Jahren mit einer Reihe kleinerer Zukäufe wie der Berliner Bank und der Norisbank. Die Postbank ist der dickste Fisch.

Für Ackermann hat die Riesen-Kapitalerhöhung neben der Postbank- Übernahme noch einen anderen wichtigen Grund. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er sich damit abgefunden, bald viel mehr Geld für die Geschäfte vorhalten zu müssen - Stichwort "Basel III". Experten rechnen daher in den kommenden Monaten mit einer Welle von Kapitalerhöhungen bei den Banken. Hier könnte die Deutsche Bank mal wieder schneller als zahlreiche Konkurrenten sein.

Bereits in der Finanzkrise kam die größte deutsche Bank anders als viele Banken ohne direkte staatliche Hilfen aus ­ unter anderem deshalb, weil die Investmentprofis der Bank die Probleme am US- Immobilienmarkt schneller erkannt hatten als viele andere. Das frische Geld wird Ackermann dabei helfen, seinem Nachfolger ­ wer immer das sein wird ­ auch in puncto Kapitalausstattung ein besenreines Haus zu übergeben.

dpa