Dominik Brunner: Ein Vorbild an Zivilcourage

Dominik Brunner: Ein Vorbild an Zivilcourage
Dominik Brunner - sein Name steht für Zivilcourage. Er wurde totgeprügelt, weil er Schülern helfen wollte. Am Montag wird das Landgericht München das Urteil gegen die beiden Angeklagten verkünden.
03.09.2010
Von Dirk Johnen

Nachdem der 50-jährige Manager vor fast einem Jahr von zwei jugendlichen Schlägern am Münchner S-Bahnhof Solln tot geprügelt wurde, weil er Schulkinder beschützt hatte, gilt sein Vorgehen gegen Gewalt als vorbildhaft. Die Tat hat das Thema Zivilcourage ins Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt: Helfen und das Eintreten für andere werden neu entdeckt. Brunner wurde posthum mehrfach geehrt.

Am Montag sollen die beiden mutmaßlichen Täter verurteilt werden. Wenige Tage später - am Sonntag, den 12. September - wird es am ersten Todestag von Dominik Brunner in München und in seinem Heimatort Ergoldsbach Gedenkfeiern geben. Dabei wirken die Kirchen mit. Bei einer ökumenischen Andacht am S-Bahnhof Solln soll ein vorläufiges Erinnerungskreuz angebracht werden, in Ergoldsbach werden ein Mahnmal zu Ehren Brunners sowie eine Kinderkrippe mit Schülerhort als Dominik-Brunner-Haus eingeweiht.

Bürger von Solln vom Rummel ermüdet

Über die schreckliche Tat zu sprechen, fällt manchem der Ergoldsbacher Bürger schwer. "Kein Kommentar", sagt die Buchhändlerin kurz und knapp. Der Metzger wenige Meter weiter will ebenfalls nichts zum Fall Brunner sagen. Und auch die Damenrunde im Café gegenüber der Kirche hält sich zurück. "Dominik Brunner war ein lieber Mensch und angesehener Mann", heißt es. Viele Bewohner hätten genug vom Medienrummel der vergangenen Monate in der niederbayerischen 7.000-Seelen-Gemeinde, weiß Bürgermeister Ludwig Robold. Und auch mit Rücksicht auf die Familie Brunner wollten sich viele nicht mehr äußern.

Ein 63-jähriger Dorfbewohner erzählt schließlich, in der Gaststätte rede man über den Brunner-Prozess. Der Mann erwartet ein "viel zu lasches" Urteil. Sein Enkel, der 15 Jahre alte Dominik, hat im Unterricht Zeitungsartikel über den Fall Brunner gelesen. Außerdem haben er und seine Mitschüler gelernt, wie man Gewalt vermeiden kann und sich richtig verhält im Konfliktsituationen.

Der gewaltsame Tod von Dominik Brunner und der Prozess vor dem Münchner Landgericht I haben immer wieder Schlagzeilen gemacht. Für Aufsehen sorgten Zeugenaussagen, wonach Brunner sogar als erster zugeschlagen hat. Die Staatsanwaltschaft spricht allerdings von "Notwehr" und fordert für einen der beiden Täter die Höchststrafe nach Jugendrecht: zehn Jahre Gefängnis wegen Mordes. Der damals 18 Jahre alte Markus S. hat nach Ansicht der Staatsanwältin mit Tötungsvorsatz gehandelt. Ohne die Schläge könnte das Opfer noch leben. Sein Komplize Sebastian L., heute 18 Jahre alt, sei weniger aggressiv gewesen. Er soll zu acht Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt werden.

Größter Sitzungssaal voll besetzt

Das Urteil wird mit Spannung erwartet. Mehr als 140 Zuhörer fasst der größte Sitzungssaal im Landgericht. "Alle Plätze werden voll besetzt sein", sagt ein Gerichtssprecher. Trotz großer Erwartungshaltung sei das Verfahren bisher ruhig verlaufen. In anderen Prozessen habe er schon erlebt, dass die Atmosphäre "gereizter war". Das Gericht werde sein Urteil jedenfalls "völlig unbeeindruckt von der Rolle Brunners in der Öffentlichkeit" sprechen.

Um für das Thema Zivilcourage zu sensibilisieren, sind in den vergangenen Monaten zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. "Es ist ein Bewusstseinswandel eingetreten", stellt der Sprecher der noch jungen Dominik-Brunner-Stiftung, Andreas Völmle, fest. "So etwas darf nicht passieren. Die Leute wollen wissen, wie sie sich in brenzligen Situationen richtig verhalten." Kurse bei der Polizei und Anti-Gewalt-Trainings an Schulen seien daher sehr gefragt.

"Wir brauchen ein Klima des solidarischen Handelns gegen Gewalt und Wegsehen", unterstützt der Regensburger evangelische Regionalbischof Hans-Martin Weiss die Initiativen für mehr Zivilcourage. Das Einüben von couragiertem Eintreten müsse immer wieder neu geschehen. Die Aufforderung zu Zivilcourage sei richtig, aber beim Beobachten von Gewalt auf der Straße nicht immer umzusetzen. Wenn man in einer gefährlichen Lage damit rechnen könne, dass sich Leute miteinander verbinden, sei gemeinsames Handeln möglich.

epd