"Tag des offenen Denkmals": Meisterwerke besichtigen

"Tag des offenen Denkmals": Meisterwerke besichtigen
Lautlos zwischen Himmel und Wasser: Der "Tag des offenen Denkmals" widmet sich in diesem Jahr unter dem Motto "Kultur in Bewegung" Reisen, Handel und Verkehr.
02.09.2010
Von Dieter Sell

Nur ein leises Surren begleitet die Fahrt zwischen blauem Himmel und moorigem Wasser. Fast lautlos geht es zu auf Deutschlands ältester Schwebefähre im niedersächsischen Osten über einen Nebenfluss der Elbe. Das mehr als 100 Jahre alte Meisterwerk der Ingenieurkunst mit seiner 34 Tonnen schweren Gondel gehört nicht nur zu den Attraktionen der "Deutschen Fährstraße". Es ist gleichzeitig eine der Besonderheiten am bundesweiten "Tag des offenen Denkmals" am 12. September, der in diesem Jahr unter dem Motto "Kultur in Bewegung" steht.

Historische Eisenbahnen, Schiffe, Postkutschen, außerdem Kirchen, Burgen oder alte Industriekomplexe - insgesamt sind rund 7.500 historische Bauten und archäologische Stätten in ganz Deutschland zu besichtigen. Koordinatorin Carolin Kolhoff will diesmal insbesondere zeigen, wie Reisen, Handel und Verkehr unsere Kultur verändert haben.

Denn oft waren es Wanderhandwerker und fremde Baumeister, die Kultur in Bewegung brachten. "Sie verbreiteten architektonisches Wissen in ganz Europa", erläutert die 38-jährige Archäologin. "Da entstanden neue Stilformen wie die Gotik im Mittelalter oder die Renaissance und der Barock der Neuzeit."

Orte anschauen, die sonst nicht zugänglich sind

Aber auch technische Neuerungen kamen durch den grenzübergreifenden Austausch voran. Bestes Beispiel dafür ist die Fährstraße. Zwischen Bremervörde und Kiel zeigt die Route alle Möglichkeiten, die ein Mensch je ersonnen hat, um ein Gewässer zu queren: Hoch- und Klappbrücken, Tunnel, Fähren und mit dem Oste-Bauwerk und einem weiteren Beispiel bei Rendsburg eben auch zwei von weltweit nur noch acht Schwebefähren. Auf einer Strecke von 250 Kilometern reiht sich ein Industriedenkmal an das nächste.

Wie in den Vorjahren erwartet Kolhoff zum "Tag des offenen Denkmals" bundesweit mehr als vier Millionen Besucher. Oft wollen sie Orte anschauen, die sonst nicht zugänglich sind. "Das ist das Herzstück des Tags - verbunden mit Experten, denen man vor Ort ein Loch in den Bauch fragen kann."

Sachkundige Führungen gibt es auch auf Leuchttürmen an der Küste und in einer monumentalen Getreideverkehrsanlage im Bremer Hafen, die einmal als weltweit größte Anlage ihrer Art galt. Bis heute dient sie der Lagerung und dem Umschlag von Getreide. Gar nicht weit davon entfernt am Bremer Flughafen ist Deutschlands erster Passagier-Jet VFW 614 zu sehen, der für einen weiteren Markstein der Verkehrsgeschichte steht.

Deutscher Beitrag seit 1993

Der "Tag des offenen Denkmals" ist seit 1993 der deutsche Beitrag zu den "European Heritage Days" unter Schirmherrschaft des Europarats. Koordiniert wird er von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Zur bundesweiten Eröffnung dieses Jahr im niedersächsischen Lüneburg gibt es in der dort nahezu vollständig erhaltenen Backstein-Altstadt ebenfalls viel Historisches zu entdecken: Einen alten Hafen mit Speichern und Kränen, prächtige Kaufmannshäuser und Klöster mit Pilgerherbergen.

Orte wie das Eisenbahnmuseum in Nürnberg verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Dampfkraft, Schienenwegen und der Industrialisierung. Noch ältere Zeugen für Handel und Wandel sind die spätbarocke Posthalterei im brandenburgischen Beelitz und das Renaissance-Geschäftshaus der Fugger in Augsburg. Immer öfter werden während des Denkmaltages zudem Radtouren von Denkmal zu Denkmal angeboten. Gut zum Schwerpunkt passen Führungen durch das Dortmunder Straßenbahn-Depot oder Fahrten mit historischen Dampfeisenbahnen wie der "Schluff" im nordrhein-westfälischen Krefeld, die zu den ältesten Privatbahnen Deutschlands zählt.

Während die gemütliche Tour mit der Dampfbahn eine gute Stunde dauert, hat das Schwebevergnügen über der Oste schon nach acht Minuten ein Ende. Trotzdem schwärmen nicht nur Denkmalschützer von dem filigranen Stahlbauwerk. Fährfreunde erzählen von lahmen Ackergäulen, die sich in "fliegende Pferde" verwandeln. Und Dichter fabulieren von der "venezianischen Gondel, die durch die Lüfte segelt".

Weitere Informationen:

www.tag-des-offenen-denkmals.de;

www.deutsche-faehrstrasse.de;

www.schwebefaehre-osten.de

epd