Brunner-Prozess: Zehn Jahre Haft für Mord gefordert

Brunner-Prozess: Zehn Jahre Haft für Mord gefordert
Zwei junge Männer treten und schlagen auf Dominik Brunner ein, bis er am Boden liegt und später stirbt. Dafür sollen sie für zehn und acht Jahre ins Gefängnis, fordert die Anklage. Die Verteidigung hält das Strafmaß für viel zu hoch.

Regungslos sitzt der Angeklagte Markus S. (19) im Prozess um den gewaltsamen Tod von Dominik Brunner, den Blick stur nach vorne gerichtet. Auch als am Dienstag im Münchner Landgericht Staatsanwältin Verena Käbisch in ihrem Plädoyer den Mordvorwurf erneuert und die höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren für seine Tat fordert, verzieht er keine Miene. Auch Sebastian L. (18) ist nicht anzusehen, was in ihm vorgeht, als zumindest der Mordvorwurf gegen ihn zurückgenommen wird. Beim Schlusswort beteuern die beiden, dass ihnen die Tat "unendlich leid" tue.

Auch Sebastian L. sei nur "einen Zentimeter vom Tötungsvorsatz entfernt" gewesen, sagt die Staatsanwältin. Es bleibt der Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge und - wie bei Markus S. - die versuchte räuberische Erpressung gegen die Teenager. Für Sebastian L. fordert die Anklagebehörde immerhin noch acht Jahre Gefängnis.

Verteidigung: Die Hälte der Strafe reicht

Die Verteidigung sähe die jungen Männer mit "weit unter sieben Jahren" für Markus S. und dreieinhalb Jahren Jugendstrafe für Sebastian S. ausreichend bestraft. Von Mord könne man zudem nicht reden, sondern von Körperverletzung mit Todesfolge - allenfalls sei bei dem Älteren versuchter Totschlag anzunehmen. "Ich weiß, dass das mein größter Fehler war, es tut mir unendlich leid", sagt dieser am Abend. Auch Sebastian L. "wollte nie, dass so etwas passiert".

Die Plädoyers folgten einer wechselvollen und mit Überraschungen gespickten Beweisaufnahme. So kam erst nach Beginn des Prozesses heraus, dass Brunner gar nicht direkt an den schweren Verletzungen starb, sondern an Herzstillstand. Und dass sein Herz wegen eines vergrößerten Muskels vorgeschädigt war. Auch dass Brunner als erster zuschlug, stand nach der Beweisaufnahme außer Zweifel. Dennoch hielt die Anklage bis zuletzt am Mordvorwurf fest: Brunner habe zur Abwehr einer drohenden Schlägerei zugeschlagen und die massive Gewalt, die danach auf ihn einprasselte, habe zu dem Herzstillstand geführt.

Auch die Nebenklagevertreterin lässt keinen Zweifel daran, wer an der Eskalation die Schuld trage. Die Verantwortung dafür liege "glasklar" beim mutmaßlichen Haupttäter Markus S. und seinem Freund Sebastian L., betont die Anwältin der Eltern von Dominik Brunner, Annette von Stetten. Und sie gibt den jungen Männern angesichts ihrer schwer erkrankten Mandanten auf den Weg: "Sie haben neben Dominik Brunner auch seine Eltern auf dem Gewissen."

Ohne die Schläge der Täter würde Brunner noch leben

Am 12. September 2009 hatten die Angeklagten in der S-Bahn von Schülern Geld verlangt und ihnen mit Schlägen gedroht. "Es war eine Halbstarkenblödelei, über die nur einer verärgert war - und das war Herr Brunner", sagt einer der beiden Verteidiger von Markus S., Hermann Sättler.

Brunners Zivilcourage habe ihn umgebracht, wertet Staatsanwältin Käbisch hingegen das Einschreiten des 50-Jährigen. "Dominik Brunner hat nicht weggesehen, als vier Jugendliche erpresst werden sollten." Nachdem Markus S. und Sebastian L. lautstark geäußert hatten: "Wann rauben wir sie aus?", rief der 50-Jährige per Handy die Polizei an - mit ruhiger Stimme, die Lage schien nicht bedrohlich. Sie eskalierte am Bahnsteig - wenige Stunden später war Brunner tot.

Nach dem ersten Schlag Brunners - laut Staatsanwaltschaft zur Verteidigung - hatte Markus S. einen Schlüssel zwischen die Finger geklemmt und die Hand zur Faust geballt. Damit brachte er zum Ausdruck, dass "ein Kampf ohne Grenzen folgen sollte", sagt Käbisch. Die Todesursache Herzstillstand ändere daran nichts - Brunner wäre ohne die Tat der Angeklagten noch am Leben.

 

dpa