Neue Einrichtungen für Schwerverbrecher geplant

Neue Einrichtungen für Schwerverbrecher geplant
Bund und Länder wollen nach Möglichkeiten suchen, um gefährliche Straftäter nach ihrer Haft freiwillig in geeigneten Einrichtungen unterzubringen.

Darauf verständigten sich die Justizstaatsekretäre bei einem Treffen am Freitag in Berlin. Einer neuen Form der Sicherungsunterbringung , die auch Altfälle erfassen soll, stehe die Europäische Menschenrechtskonvention entgegen, erklärte die Staatssekretärin im Bundesjustizministerium, Brigit Grundmann. Die Mehrheit der Länder-Staatssekretäre habe Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in dieser Auffassung bestätigt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Urteil vom Dezember die Entfristung der Sicherungsverwahrung, die zuvor maximal für zehn Jahre verhängt werden durfte, als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention beanstandet. Union und FDP sind sich uneinig, wie jetzt mit Straftätern umgegangen werden soll, die aufgrund des Urteils freikommen, aber weiterhin als gefährlich gelten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind mindestens 80 Gefangene vom Urteil der Straßburger Richter betroffen. In vielen Bundesländern werden derzeit Freilassungsanträge geprüft.

Streit in der Koalition

Zudem soll die Sicherungsverwahrung insgesamt reformiert werden. Leutheusser-Schnarrenberger will die nachträgliche Sicherungsverwahrung abschaffen. Die Union plädiert für eine neue Form der nachträglichen Haft, die sie Sicherungsunterbringung nennt und die auch für Altfälle gelten soll.

In der Staatssekretärsrunde wurde auch über elektronische Fußfesseln als Überwachungsmöglichkeit für freigelassene gefährliche Straftäter diskutiert. Die Länder hätten dies als sinnvolle zusätzliche Maßnahme der Führungsaufsicht begrüßt, sagte Grundmann. Das Bundesjustizministerium bat die Länder, weitere Vorschläge für die Verbesserung der Führungsaufsicht zu machen.

"Nachträgliche Anordnung unzulässig"

Linke und Grüne unterstützten die Position von Leutheusser-Schnarrenberger. Der europäische Menschenrechtsgerichtshof habe deutlich gemacht, dass die nachträgliche Anordnung einer Sicherungsverwahrung nicht zulässig sei, sagte der Linken-Rechtspolitiker Wolfgang Nescovic im Deutschlandfunk. Der Freiheitsentzug müsse seine Begründung bereits im Urteil finden.

Das Problem mit den gefährlichen Straftätern, die jetzt auf freien Fuß kommen, habe die Politik selbst verschuldet, sagte Nescovic und verwies darauf, dass die Sicherungsverwahrung seit 2002 kontinuierlich verschärft worden sei. Jetzt müsse die Politik Mittel investieren, um trotzdem die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Dazu gehörten die polizeiliche Überwachung und Bewährungshelfer.

Grüne: Straßburger Urteil ernst nehmen

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte die Regierungskoalition auf, das Straßburger Urteil ernst zu nehmen. Das Rückwirkungsverbot sei einer der fundamentalen Grundsätze des Rechtsstaates. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung sei künftig nicht mehr notwendig. Wenn die Möglichkeit zur Verhängung der Verwahrung im Gerichtsurteil vorbehalten bleibe, sei das ausreichend, sagte Beck.

Als "Beruhigungspille für die Bevölkerung" bezeichnete der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, die elektronische Fußfessel. Sie könne in begrenzten Fällen hilfreich sein, sei aber gerade für rückfallgefährdete Sexualstraftäter völlig ungeeignet. "Die elektronische Fußfessel ist nicht in der Lage, vor einer Kontaktaufnahme mit einem potenziellen Opfer zu warnen", sagte Freiberg.

epd