Ökumenische Diplomatie nach außen und innen

Ökumenische Diplomatie nach außen und innen
Vor 50 Jahren wurde der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen ins Leben gerufen. Damals wie heute steht seiner Spitze ein Kardinal aus dem Land der Reformation.
02.06.2010
Von Bettina Gabbe

Katholische Bischöfe aus aller Welt beschlossen beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) eine Öffnung zum Dialog mit anderen Kirchen und dem Judentum. Diese Wende in den Konzilsbeschlüssen hin zur Ökumene hatte das von Papst Johannes XXIII. bereits zwei Jahre zuvor gegründete "Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen" vorbereitet. Damals stand die Dialogbehörde wie heute unter Leitung eines aus Deutschland stammenden Kardinals. Augustin Bea war ebenso wie der scheidende Präsident des Einheitsrats, Walter Kasper, durch seine Herkunft aus dem gemischt konfessionellen Deutschland geprägt und auf das Zusammenleben mit Protestanten eingestellt.

Zu den Wegbereitern des Einheitsrates gehörte der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger. In einem Schreiben an den Papst regte er vor 50 Jahren die Bildung einer "Kommission zur Förderung der Einheit der Christen" an. Auf seine Initiative geht auch der "Ökumenische Arbeitskreis" katholischer und evangelischer Theologen in Deutschland zurück, in dem unabhängig von den Kirchen ökumenische Fragen erörtert werden.

Vorbereitung wichtiger Konzilsdokumente

Nach der Gründung des Einheitssekretariats am 5. Juni 1960 diente die später in "Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen" umbenannte Behörde zunächst vor allem der Vorbereitung der Konzilsdokumente über Ökumene, über das Verhältnis zu anderen Religionen und über die Religionsfreiheit. Bereits vor dem Beginn des Konzils begann sie, ein weltweites Netz ökumenischer Kontakte zu knüpfen, indem sie Vertreter aus anderen Kirchen als Beobachter zur Bischofsvollversammlung nach Rom einlud.

An der Spitze der Ökumene-Behörde folgten auf Bea der niederländische Kardinal Johannes Willebrands sowie der US-amerikanische Kardinal Edward Idris Cassidy. Seit 2001 ist der frühere Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Kardinal Walter Kasper (77), Präsident des Einheitsrates und damit vatikanischer "Ökumene-Minister". Zentrale Aufgabe des Einheitsrates ist die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und den christlichen Weltbünden. Auf internationaler Ebene werden theologische Dialoge mit der Orthodoxen Kirche sowie den weltweiten Gemeinschaften der Anglikaner, Lutheraner, Reformierten, Baptisten, Methodisten sowie Pfingstkirchen geführt.

Wegweisende Einigungen

Beim Einheitsrat siedelte Papst Paul VI. die 1974 neu gegründete "Kommission für die religiösen Beziehungen mit den Juden" an. Nach langen Verhandlungen mit Theologen und Kirchenleuten anderer Konfessionen wurden wegweisende Einigungen erzielt: Als ökumenischer Meilenstein gilt dabei die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die Katholiken und Lutheraner 1999 in Augsburg unterzeichneten. Damit gelangen nach den Worten von Kardinal Kasper Fortschritte, die zuvor außer Reichweite lagen.

Allerdings stießen die Gesprächspartner auch auf zentrale Streitpunkte wie das Amt des Papstes oder das unterschiedliche Verständnis von Eucharistie, das aus Vatikansicht gemeinsame Abendmahlsfeiern mit Protestanten ausschließt. Je näher etwa Lutheraner und Katholiken sich in den vergangen fünf Jahrzehnten kamen, desto deutlicher traten Hindernisse für eine Überwindung der Kirchenspaltung hervor. Konflikte unter den orthodoxen Kirchen stehen dagegen weiter reichenden Fortschritten im Dialog mit den Kirchen des Ostens im Weg. In Fragen der Liturgie und der apostolischen Nachfolge der Bischöfe stehen diese der katholischen Lehre jedoch näher.

Nicht auf Expertenzirkel beschränken

Ökumene dürfe sich nicht auf Expertenzirkel beschränken, sondern müsse an der kirchlichen Basis gelebt werden, weiß der Präsident des Einheitsrats. Zugleich warnt Kasper immer wieder vor ökumenischer Ungeduld, wie sie sich in Deutschland im Wunsch nach gemeinsamen Abendmahlsfeiern äußert. Nach dem Elan der 90er Jahre beklagt der 77-Jährige eine gewisse Ermüdung einerseits und einen schärferen Ton im Bemühen um ein ausgeprägteres protestantisches Profil andererseits.

Auch auf den Nachfolger Kaspers, über dessen Ablösung schon seit längerem spekuliert wird, wartet die heikle Aufgabe, von Papst Benedikt XVI. ausgelöste Irritationen im Dialog mit dem Judentum durch die Wiedereinführung eines Gebets für die Juden aus dem Weg zu räumen. Zudem hatte das Kirchenoberhaupt im Herbst übertrittswilligen Anglikanern eigene katholische Kirchenstrukturen unter Beibehaltung ihrer liturgischen Traditionen in Aussicht gestellt. Bis zur für Herbst geplanten Papstreise nach Großbritannien bemühen sich die Dialogexperten des Einheitsrats, das Unbehagen in der anglikanischen Kirchenführung zu beseitigen.

epd