Dirk von Nayhauß
Schriftstellerin Gabriele von Arnim
"Ich dödel auch mal durch den Tag"
chrismon: In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?
Gabriele von Arnim: Ganz stark, wenn ich in einem See oder vor allem im Meer schwimme. Durch eine Kinderkrankheit bin ich leicht behindert, bestimmte Bewegungen kann ich nicht machen, ich habe mehrere Hüftoperationen hinter mir.
Beim Schwimmen fühle ich mich viel leichter als beim Laufen, und wenn ich auf dem Rücken liege, in die Wolkengebilde gucke und mir Märchen ausdenke, die zu den Wolken passen – herrlich, das ist so ein befreites Gefühl, dann bin ich weg von der Welt, von irgendwelchen Anforderungen.
Was können Erwachsene von Kindern lernen?
Je älter ich werde, desto großartiger finde ich Kinder. Die tun einfach das, wonach ihnen gerade zumute ist – wütend schreiend durch die Gegend laufen, das würde ich auch gern mal wieder machen. Ich bin in einer gefühlskalten Familie aufgewachsen. Als ich neun Jahre alt war, ist mir die Hüftkugel aus der Schale gerutscht, ich habe fast anderthalb Jahre im Bett gelegen, war zwei Jahre nicht in der Schule. Äußerlich haben mich meine Eltern enorm unterstützt, mit allen Ärzten, die man brauchte. Innerlich waren sie hanseatisch unterkühlt. Umarmungen gab es nicht. Bloß nichts fühlen war das Diktum unserer Familie, das wurde nicht ausgesprochen, aber es wurde gelebt. Klar, ich habe gelernt durchzuhalten, aber der Preis war hoch, ich musste meine Gefühle in eine Eisbox packen und einfrieren.