Regierung bringt Paket zum Klimaschutz auf den Weg

Regierung bringt Paket zum Klimaschutz auf den Weg
Die Bundesregierung bringt ein Milliarden-Paket auf den Weg, kann aber die Klima-Demonstranten nicht überzeugen. Über Monate wurde beraten und zuletzt bei einem nächtlichen Verhandlungsmarathon gerungen. Jetzt liegt ein Eckpunktepapier vor.
20.09.2019
epd
Von Bettina Markmeyer und Mey Dudin (epd)

Berlin (epd). Am Freitagmorgen hatten sich bereits streikende Schülerinnen und Schüler am Kanzleramt eingefunden und forderten auf einem Transparent die "Rückkehr der Klimakanzlerin". Es sollte aber noch bis zum Mittag dauern, ehe eine Einigung der Koalitionsspitzen zum Klimaschutz gemeldet wurde.

Am Nachmittag traten die Partei- und Fraktionschefs dann mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor die Presse, im Futurium, dem neuen Zukunftsmuseum im Berliner Regierungsviertel. Und die Kanzlerin schickte als Erstes ein reumütiges Bekenntnis an die Hunderttausenden, die auf den Straßen für die Rettung des Klimas demonstrierten. In einer "persönlichen Vorbemerkung" bedauerte sie, dass Deutschland das Ziel für 2020, die CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreiche: "Das beschäftigt mich." Daraus habe die Regierung nun Konsequenzen gezogen, sagte sie.

Dann zitierte Merkel Greta Thunberg mit ihrem Satz "Unite behind the Science" und übersetzte ihn in die ihr eigene Sprache: "Es ist nicht so, dass wir hier irgendetwas Ideologisches machen, sondern wir machen etwas, wofür es so massive Evidenzen gibt, dass wir dagegen handeln müssen." Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sekundierte: "Mit dem Klimaschutzprogramm machen wir jetzt Ernst."

Das Klimakabinett der Bundesregierung hat nun nach fünfmonatigen Verhandlungen ein 54-Milliarden-Euro-Paket auf den Weg gebracht. Die "Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030" enthalten ein Klimaschutzgesetz mit konkreten Vorgaben, die Einführung eines CO2-Preises, der fossile Brenn- und Kraftstoffe wie Heizöl, Benzin und Diesel teurer macht, sowie finanzielle Anreize für umweltfreundliches Verhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland die Klimaziele für 2030 erreicht - und die andernfalls drohenden Strafzahlungen vermeidet. Da Autofahren und Heizen teurer wird, sollen die Bürger an anderer Stelle entlastet werden - etwa durch Zuschüsse beim Kauf umweltfreundlicher Heizungen, einen sinkenden Strompreis oder über eine höhere Pendlerpauschale.

Dem Eckpunktepapier zufolge soll es das Klimakabinett auch in Zukunft geben, damit es jährlich überprüft, ob der Fahrplan zu den Klimazielen eingehalten wird. Erfüllt ein Sektor seine dann gesetzlich vorgesehenen Ziele nicht, muss der zuständige Minister dem Gremium innerhalb von drei Monaten ein "Sofortprogramm" zur Nachsteuerung vorlegen. Dieser Mechanismus soll garantieren, dass das Ziel, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, Schritt für Schritt erreicht wird.

Ferner soll ab 2021 ein CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Wärme dafür sorgen, dass die Menschen in Deutschland sich umweltfreundlicher verhalten. So wird ein nationales Zertifikatesystem eingeführt, um den Ausstoß von Treibhausgasen teurer zu machen. Neben dem Heizen und Autofahren wird auch das Fliegen allmählich teurer. Merkel erklärte, der Mechanismus werde am Anfang sehr langsam sein, dann aber anziehen.

Scholz erklärte, die Menschen müssten sich auf die Veränderungen einstellen können. Nicht jeder könne "sich am nächsten Tag ein neues Auto leisten". Deshalb sei bei der Bepreisung ein langfristiges, klares Signal wichtig. Die zusätzlichen Einnahmen sollen nicht dem Staat zugutekommen, sondern in Klimafördermaßnahmen investiert oder zur anderweitigen Entlastung der Bürger benutzt werden.

Das Bahnfahren soll günstiger werden, zudem werden Elektroautos gefördert und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch soll 2030 bei 65 Prozent liegen - derzeit sind es 46 Prozent. Alle gesetzlichen Maßnahmen im Programm sollen laut Eckpunktepapier noch in diesem Jahr vom Kabinett verabschiedet werden. Dazu gehören auch die Regelungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Für das Paket sind laut Scholz zunächst bis 2023 rund 54 Milliarden Euro veranschlagt.

Umweltverbände kritisierten das Klimapaket als völlig unzureichend und insbesondere den CO2-Preis als lächerlich gering. Der deutsche Ableger der Klimabewegung "Fridays for Future" erklärte auf Twitter, es sei ein "schlechter Witz", wenn die Bundesregierung die Bewegung lobe und "uns dann Entscheidungen verkaufen möchte, mit denen unsere Zukunft weiter mit Füßen getreten wird".

epd bm/co/mey jup