Cameron neuer Hausherr in Downing Street No 10

Cameron neuer Hausherr in Downing Street No 10
Historischer Regierungswechsel in Großbritannien: David Cameron von den konservativen Tories ist neuer Premierminister und hat seine Partei nach 13 Jahren wieder an die Macht geführt.

Erstmals seit rund 70 Jahren wird es dabei jedoch eine Koalitionsregierung geben. Damit rücken die kleineren Liberaldemokraten von Nick Clegg zum ersten Mal in ihrer Parteigeschichte auf die Regierungsbank. Gordon Brown von der Labour-Partei war zuvor als Premier und auch als Parteichef zurückgetreten.

Cameron sagte bei seiner ersten Ansprache am Dienstagabend, es stünde "harte Arbeit" bevor. Clegg und er seien aber fest entschlossen, Parteigrenzen zu überwinden und gut zusammenzuarbeiten, sagte der neue Premier, bevor er er mit seiner schwangeren Frau Samantha in die Downing Street Nummer 10 ging. Der Tory-Chef ist mit 43 Jahren der jüngste Premierminister Großbritanniens seit 1812.

Brown war nach drei Jahren im Amt zurückgetreten und hatte damit einen tagelangen Krimi um die Regierungsbildung beendet. Nachdem Brown bei der Queen seinen Rücktritt eingereicht hatte, nahm Cameron die Einladung der Monarchin an, eine neue Regierung zu bilden. Brown war 2007 Tony Blair gefolgt, der zuvor zehn Jahre regiert hatte.

Neues Kabinett nimmt Formen an

Das neue Kabinett nahm in der Nacht schon Formen an: Der langjährige Außenexperte und ausgesprochene Europakritiker der Tories, William Hague, soll Außenminister werden. George Osborne übernimmt für die Tories mit nur 38 Jahren das wichtige Amt des Finanzministers. Clegg könnte Vize-Premier werden. Insgesamt könnten vier Liberale am Kabinettstisch sitzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Cameron telefonisch. Sie hätten vereinbart, sich bei den anstehenden Themen der internationalen Tagesordnung eng abzustimmen, teilte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin mit. Die Kanzlerin habe Cameron zu einem baldigen Besuch nach Deutschland eingeladen. Auch US-Präsident Barack Obama gratulierte. Wie Downing Street weiter mitteilte habe er Cameron im Juli in die USA eingeladen. Auch solle der neue Premier im Juni an den G8- und G20-Treffen teilnehmen. "Eine Koalition wird große Herausforderungen mit sich bringen", sagte Cameron. Größte Schwierigkeit für die neue britische Regierung ist nun, die wirtschaftliche Lage des Landes und die haushohe Verschuldung in den Griff zu bekommen.

Weg vom alten Image

Cameron war 2005 auf den Chefsessel der Tories gerückt. Er hatte seine Partei modernisiert und vom alten Image der harten Jahre unter Premierministerin Margaret Thatcher befreit. Außenpolitisch wird vor allem die Europapolitik der Tories interessant. Cameron hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, dass auf keinen Fall mehr Macht von London auf Brüssel übertragen werden soll. Hier unterscheiden sich die Tories deutlich von ihrem europafreundlichen Koalitionspartner.

Bei der Wahl am vergangenen Donnerstag hatte keine Partei eine absolute Mehrheit bekommen. Die Tories waren aber stärkste Partei geworden. Zusammen mit den "Lib Dems" kommen sie auf eine satte Mehrheit von 363 Sitzen im Unterhaus. Labour verlor bei der Wahl dramatisch, hatte aber ebenfalls gehofft, mit einer Koalition mit den Liberalen an der Macht bleiben zu können.

Labour: Harman folgt Brown

Brown sagte, er trete mit sofortiger Wirkung auch als Chef der Labour-Partei zurück. Labour-Vizechefin Harriet Harman werde das Amt kommissarisch übernehmen. Kurz nach der Rücktritts-Ankündigung fuhr er zusammen mit seiner Frau Sarah von der Downing Street zur Königin, die ihn aus dem Amt entließ. "Ich wünsche dem neuen Premierminister alles Gute, wenn er wichtige Entscheidungen für die Zukunft fällt", sagte Brown. Er habe den Job "geliebt". Zusammen mit ihren beiden kleinen Söhnen verließen Brown und seine Frau dann die Downing Street. Brown hatte schon vor seinem Rücktritt gesagt, er wolle gemeinnützige Arbeite tun.

Die Ära von New Labour hatte 1997 mit der Wahl Tony Blairs zum Premier begonnen, der seine Partei von Grund auf erneuerte. Brown hatte das Amt im Juni 2007 übernommen, war aber nicht vom Volk gewählt worden. Zuvor war er zehn Jahre Finanzminister gewesen.

dpa