"Brot am Haken": Zwei zahlen, eins bekommen

"Brot am Haken": Zwei zahlen, eins bekommen
In der Thüringer Kleinstadt Magdala gibt es "Brot am Haken". Gemeindepfarrer Martin Krautwurst hat diese unkomplizierte Aktion organisiert.
04.05.2010
Dietlind Steinhöfel

Sie gehen in die Bäckerei und bezahlen zwei Brote. Aber nur eins bekommen Sie mit. Gemeinhin würde man das als Betrug bezeichnen. In der Thüringer Kleinstadt Magdala ist das anders. Ganz bewusst bezahlen hier viele zwei Brote oder zwei mal Suppe, um Menschen zu helfen, die sich kaum ein Brot kaufen können. Die Idee stammt vom Magdalaer Gemeindepfarrer Martin Krautwurst und trägt den Titel "Brot am Haken".

Redakteurin Dietlind Steinhöfel hat dazu Pfarrer Martin Krautwurst befragt:

Wie funktioniert "Brot am Haken"?
Krautwurst: Es muss ein Unternehmen gefunden werden, das die Aktion gern mitmacht. Der Bäcker zum Beispiel bekommt Gutscheine, die Menschen für den Preis eines Brotes kaufen können. Dieser Gutschein wird in der Bäckerei aufgehängt. Familien, die wenig Geld haben, können dann hierfür ein Brot holen. Spender und Empfänger müssen sich nicht kennen und nicht begegnen.

Was ist das Ziel der Aktion?
Krautwurst: Natürlich soll Menschen geholfen werden. Aber neben dem Solidaritätsgedanken bewegt mich noch etwas anders: Gemeinschaft soll wachsen. Die Hartz-IV-Empfänger gehen wieder in die Geschäfte, haben Kontakt. Zum Beispiel beteiligt sich ein Fleischer unseres Ortes, der auch ein Bistro betreibt. Dort kann "Suppe am Haken" erworben werden. Beim Suppe-Essen kommen die Menschen ins Gespräch. Natürlich verteilt auch die "Tafel" Lebensmittel. Aber da sind die Leute unter sich, haben nicht Kontakt mit denen, die nicht zur Tafel kommen. Sie sollen raus aus ihrer Isolation. Für mich als Pfarrer bekommt "Unser täglich Brot gib uns heute", ein ganz neues Gewicht.

Woher haben Sie die entsprechenden Karten,die am Haken hängen?
Krautwurst: Ich habe sie selbst mit dem Farbdrucker hergestellt und mit einem kleinen Laminiergerät verschweißt. Das ist kein großer Aufwand, auch nicht finanziell. Die Aktion ist ein soziales Projekt der Kirchengemeinde, sodass auch jeder, der ein Brot, eine Wurst oder eine Suppe spendet, eine Spendenquittung erhalten kann. Aber das hat bisher noch niemand getan.

Gibt es Kritiker?
Krautwurst: Ja, manche sagen, sie müssten früh aufstehen, um ihr täglich Brot zu verdienen. Aber sie wissen wahrscheinlich nicht, was es heißt, arbeitslos zu sein und eine große Familie zu haben.

Und Nachahmer?
Krautwurst: Ja, ich bekomme Anrufe. Leute wollen mehr darüber wissen. Jemand hat gefragt, ob das auch in größeren Städten funktioniert. Ich denke schon, weil ja jedes Viertel seine Kundschaft hat. Ein anderer fragte, ob es ein Zertifikat gibt, das zeigt, wo so ein Geschäft zu finden ist. Aber das
ist ja eine ganz kleine Aktion, die jeder unkompliziert durchführen kann. Zertifikate oder Genehmigungen sind nicht nötig. Ich wünsche mir jedenfalls viele Nachahmer.

Internet: www.kirche-magdala.de