Die Bibel - geschenkt (2): Heilige Schrift im Suppentopf

Die Bibel - geschenkt (2): Heilige Schrift im Suppentopf
Das Wort Gottes ist alles andere als eine trockene Lektüre. Wasserfeste Bibeln hat es in Russland schon vor 25 Jahren gegeben - damals für Untergrundchristen. Heute sind vor allem gläubige Outdoorfreunde im Blick.
06.04.2010
Von Ingo Schütz

Wie heilig gerade den evangelischen Christen die Heilige Schrift ist, darüber lässt sich streiten. Sogar die Bezeichnung "heilig" geht vielen Protestanten zu weit. Dabei ist die Bibel nach Auffassung der Reformatoren die wichtigste Richtschnur des Glaubens. Schon im 16. Jahrhundert lästerte deshalb die katholische Fraktion, die Protestanten hätten sich einen "papiernen Papst" ausgewählt, weil sie die Bibel zum Fundament des christlichen Glaubens machten und vom Lehramt in Rom wenig wissen wollten. 

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Andererseits sind es vor allem evangelische Christen, die ihre Bibel in den Alltag integrieren wollen und Wert darauf legen, sie überall als Begleiter dabei zu haben - ganz egal, ob im Rucksack oder im Aktenkoffer. Um sie in der Pause aufzuschlagen, um die tägliche Bibellese zu verrichten, oder aber bei Stress, um durch die Lektüre von Geistlichem zur Ruhe zu kommen. Manchmal auch einfach aus Langeweile.

Biblische Zerreißprobe

Ob einem die Bibel so heilig ist, dass man sie am besten nur im Bedarfsfall, Weihnachten und höchstens noch Ostern, aus dem obersten Regalfach holt, oder ob man sie am liebsten immer und überall hin mitnehmen würde – eines war beiden Fraktionen bislang vollkommen klar: Die in der Regel dünnen Seiten des Buches sind rein materiell gesehen wenig strapazierfähig, reißen leicht und dürfen schon gar nicht mit Wasser in Kontakt kommen. Bis jetzt!

Hannelore Jahr, Lektoratsleiterin der Deutschen Bibelgesellschaft, erzählt, wie sie auf die Idee gekommen ist, eine wasserfeste Bibel zu veröffentlichen: In den USA besuchte sie eine christliche Buchmesse. Dort gab es eine Bibel in einem Wasserglas, die vor allem von den Pfadfindern interessiert begutachtet wurde. Die Vorteile der prompt nach Deutschland importierten Idee liegen nach den Worten von Jahr auf der Hand: "Wer jemals aus Versehen einen Kaffeetropfen auf seine Bibel verschüttet hat, weiß nur zu gut, dass das empfindliche Bibeldruckpapier durch dieses Missgeschick für immer beschädigt ist. Und eine Bibel, die in den Regen gerät, ist hinterher kaum noch zu gebrauchen."

Unsakrales Cover

Wer nun eine klobige Ausgabe mit Plastiktafeln erwartet, die jedem Wetter trotzen, der darf sich wundern. Das patentierte Material der wasserfesten Bibel sieht nicht nur aus wie Papier, es fühlt sich auch fast so an – und ist ebenso dünn wie Papier. Die Gesamtdicke des Buches beträgt gerade mal 1,4 Zentimeter, nicht mehr als andere Versionen des Neuen Testaments. Auch optisch ist die widerstandsfähige Heilige Schrift auf Anhieb ansprechend. In gänzlich unsakralem Grün kommt sie daher, Bilder von Sportivitäten im Außenbereich zieren das Cover. Die frohe Botschaft hinter der "Frohen Botschaft": Gottes Wort ist frisch und lebendig und für jeden Ort geeignet.

Keiner braucht also Angst vor einem überraschenden Regenguss zu haben: "Bei unserem wasserfesten Neuen Testament kann man in einem solchen Fall einfach über die Seite wischen und schon ist nichts mehr von der Feuchtigkeit zu sehen. Jetzt kann man sein Neues Testament zu allen Freizeitaktivitäten mitnehmen – ohne vorher den Wetterbericht zu befragen", heißt es auf der Homepage der Deutschen Bibelgesellschaft.

Actiontest in der Redaktion

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Die Ergebnisse des Actiontests in der Redaktion von evangelisch.de sind freilich zurückhaltender. Denn unter einem wassserfesten Buch versteht man ein bisschen mehr als den Schutz vor ein paar Regentropfen. Doch wer Grenzen sucht, der findet sie auch. Man kann diese Bibel aber tatsächlich auch im Schwimmbad unter Wasser lesen - wir haben es ausprobiert. Fotoredakteurin Anika Kempf zog bei den Aufnahmen irritierte und amüsierte Blicke auf sich. Das Buch eignet sich zur Lektüre im Nassen.

Probleme entstanden allerdings im Nachgang des feuchten Vergnügens. Hat man sich den Spaß gemacht und alle 298 Seiten unter Wasser durchgeblättert, muss man anschließend auch jede einzelne von ihnen wieder trocknen. Von wegen "einfach über die Seite wischen und schon ist nichts mehr von der Feuchtigkeit zu sehen"! Eher wahrscheinlich, dass man stattdessen das Buch zusammenklappt und es zu Hause in eine Ecke legt. Beste Voraussetzungen, um beim nächsten Aufschlagen der Bibel keine Freude mehr zu haben – wenn man die Seiten dann überhaupt noch auseinander bekommt.

Nichts für Tiefseetaucher

Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht gekommen: Legt man die Bibel im geschlossenen Zustand auf eine Heizung, verschwindet die Flüssigkeit im Laufe einiger Tage auch aus den Zwischenräumen. Ein gewisser Duft verbleibt, aber wenigstens kann man sie weiter lesen und genießen. Die Eignungsempfehlung beschränkt sich daher aber eher auf Outdoor-Aktivitäten als auf das Tiefseetauchen.

Innen drin bietet das wasserfeste NT die weit verbreitete Luther-Übersetzung in der Fassung von 1984. Viele leidenschaftliche Bibelleser werden mit dieser Ausgabe auch im Abenteuerurlaub nicht auf ihren geliebten Text verzichten müssen. Für Konfirmandinnen und Konfirmanden ist das vielleicht nicht die Übersetzung ihrer Wahl, schließlich gibt es heutzutage viele "jugendgerechte" Bibelausgaben. Aber der Kultfaktor dieses Kleinods dürfte das wieder wettmachen. Nicht nur Pfadfinder schauen fasziniert, wenn einer seine Heilige Schrift furchtfrei im Wasserglas versenkt.

Russisches Vorbild

Ob die wasserfeste Bibel die erste ihrer Art ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen. In einem Forum des Internetportals jesus.de jedenfalls behauptet der User Radhulbh, in Russland habe es Derartiges schon vor 25 Jahren gegeben. Damals hätten sich die kleinen wasserdichten Markusevangelien zum Hausgebrauch bei Angst vor Razzien geeignet. Bei einer Christenverfolgung, so die von uns nicht überprüfte Behauptung, hätte man dann seine Bibel auch schnell mal in den Suppentopf fallen lassen können.  

Leseprobe

„Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.

Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. [Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]“  (Matthäus 6,5-13)

 

Bewertung

 

       Originalität  

       Lesbarkeit   

       Cool-Faktor 

       Handgepäck

       Grafik          

 

   Bestellinformationen

   Preis: 14,80 Euro

   ISBN: 978-3-438-02316-2

   Verlag: Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart

   298 Seiten

 


Ingo Schütz ist Diplom-Theologe und angehender Pfarrer.