Neuer Zauber für den "Kleinen Prinzen"

Neuer Zauber für den "Kleinen Prinzen"
Klang, Rhythmus, Poesie und eine Prise Ironie: "Der kleine Prinz" wird 60. Pünktlich zum Jubiläum hat Elisabeth Edl den Klassiker von Antoine de Saint-Exupéry neu übersetzt.
29.03.2010
Von Judith Kubitscheck

Er kommt von einem kleinen Asteroiden, besitzt eine Rose, die er hegt und pflegt, und trifft einen Fuchs, der viele schlaue Geheimnisse weiß: Vor 60 Jahren trat "Der Kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944) seine Reise nach Deutschland an. 1950 erschien das philosophische Märchen um den kleine Prinzen und einen Piloten, der in der Wüste notgelandet ist, erstmals in deutscher Übersetzung. Das Original war 1943 in New York veröffentlicht worden. Pünktlich zum runden Geburtstag hat Elisabeth Edl das Werk aus dem Französischen neu ins Deutsche übersetzt.

"Mutlos winkte ich ab"

Klang, Rhythmus, Poesie und eine Prise Ironie - dies kennzeichnet nach Meinung von Edl den Zauber von "Le Petit Prince" im französischen Original. "Saint-Exupéry klingt auf Französisch weder altbacken noch betulich. So soll es auch auf Deutsch sein", sagte Edl dem epd.

Übersetzerin Elisabeth EdlMit der neuen Übersetzung möchte sie gerade junge Leser für dieses Stück Weltliteratur begeistern. Denn bisher gab es nur eine deutsche Übersetzung des Ehepaars Grete und Josef Leitgelb aus dem Jahr 1950. Diese enthält auch sperrige Satzkonstruktionen wie: "Ich machte eine Gebärde der Hoffnungslosigkeit". Die Münchnerin Edl übersetzt stattdessen: "Mutlos winkte ich ab".

Suchen nach dem Sinn des Lebens

Manchmal verfehlte die erste Übersetzung nach Auffassung von Elisabeth Edl sogar den Sinn einer Geschichte: "So ist es zum Beispiel im Kapitel mit den Schnellzügen". Grete und Josef Leitgelb übersetzten damals den wichtigsten Satz dieses Kapitels folgendermaßen: " 'Die Leute', sagte der kleine Prinz, 'schieben sich in die Schnellzüge, aber sie wissen gar nicht, wohin sie fahren wollen. Nachher regen sie sich auf und drehen sich im Kreis?' ".

Nach Ansicht von Elisabeth Edl klingt dies zu "banal". Saint-Exupéry habe vielmehr ein existenzielles Suchen beschrieben, "ein Suchen nach dem Sinn des Lebens", wie sie sagt. Edl, die 2009 zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gewählt wurde, übersetzte: "'Die Menschen', sagte der kleine Prinz, 'drängeln sich in Schnellzügen, wissen aber nicht mehr, was sie suchen. Darum sind sie so rastlos und drehen sich im Kreis?' ".

Zeitgeschichtliche Anspielungen

Am 6. April 1943 erschien "Le Petit Prince" in New York, wo sich Saint-Exupéry im Exil aufhielt. Er illustrierte das Buch selbst. Seitdem ist das Werk in mehr als 180 Sprachen und Dialekte übersetzt worden. Das schmale Buch ist voller zeitgeschichtlicher Anspielungen. Elisabeth Edl deutet etwa die Geschichte der Affenbrotbäume, die einen Planeten sprengen, wenn man sie nicht rechtzeitig ausreißt, als Parabel auf die Bedrohung der Welt durch den Nationalsozialismus.

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Saint-Exupéry, sagt sie, habe beim Schreiben wahrscheinlich an die in Frankreich zurückgelassenen Freunde gedacht, vor allem an den Juden Léon Werth. Ihm widmete er das Buch. In zahlreichen Passagen des "Kleinen Prinzen" lassen sich Anklänge auf das Leben Saint-Exupérys finden. So trägt die Rose den einen oder anderen Wesenszug seiner Frau Consuelo: Sie ist kapriziös, eitel, neigt zum Flunkern, und ihr Husten erinnert an das Asthma, unter dem Consuelo besonders in New York litt.

Auch mit Flugzeugpannen in der Wüste kannte sich Antoine de Saint-Exupéry aus. Sechs Jahre bevor "Der Kleine Prinz" entstand, stürzte der Pilot Saint-Exúpery an der libysch-ägyptischen Grenze ab, landete auf einer Sanddüne und irrte in der Unermesslichkeit der Wüste zusammen mit seinem Mechaniker André Prévot drei Tage umher, bis ihn Beduinen halb verdurstet fanden. Am 31. Juli 1944 kehrte er von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer nicht zurück, Saint-Exupéry galt fortan als verschollen.

"Man sieht nur mit dem Herzen gut"

Der bekannteste Satz aus "Der Kleine Prinz" ist sicherlich der Rat des Fuchses an den Prinzen: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar". Diesen Satz ließ die preisgekrönte Übersetzerin Edl unangetastet: "Man soll bei einer Neuübersetzung auch nicht auf Teufel komm raus alles 'anders' machen wollen, manche Sätze kann man einfach nicht verbessern".

Hinweis: Anfang April 2010 erscheint eine Jubiläumsausgabe der Neuübersetzung mit einem Nachwort von Elisabeth Edl für 14,90 Euro im Karl Rauch Verlag (Düsseldorf). Die erste Auflage der Neuübersetzung wurde gemeinsam mit einem Hörbuch im Oktober 2009 veröffentlicht.

epd