Heidi Klum und ihre Mädchen: Disziplin als Mittel zum Erfolg

Heidi Klum und ihre Mädchen: Disziplin als Mittel zum Erfolg
Die Model-Castingshow "Germany's Next Topmodel" zeigt nach Meinung von Expertinnen Verhaltensmuster auf, mit denen Frauen auch in der Gesellschaft konfrontiert werden. In der TV-Show geht es nach Auffassung der Pädagogin Gerda Sieben weniger um Schönheitsideale als um den Leistungsgedanken, der auch in der Arbeitswelt entscheidend sei. Das rein auf Äußerlichkeiten festgelegte Rollenbild kritisiert Verena Reygers, Mitautorin des feministischen Blogs "Mädchenmannschaft".

Nach Einschätzung der Diplompädagogin Gerda Sieben geht es in der Show auf ProSieben weniger um Schönheitsideale als um Disziplin als Mittel zum Erfolg. "Wer seine Emotionen, sein Verhalten und seinen Körper kontrollieren kann, ist erfolgreich und kann sich dabei auch noch selbst verwirklichen", sagte die Leiterin des jfc Medienzentrums in Köln in einem epd-Gespräch zur Botschaft der Show. Authentisch zu bleiben, sei dabei ebenfalls wichtig: "Das funktioniert nur, wenn es von innen raus kommt."

Die von Heidi Klum, Chefin der deutschen Ausgabe von "Topmodel", vertretene Devise "wenn du etwas erreichen willst, musst du dich anstrengen, dann schaffst du es auch" sei nicht weit entfernt von gängigen pädagogischen und emanzipatorischen Konzepten. Sie spiegele auch die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt wider, sagte Sieben. Die Teilnehmerinnen der Show müssten für einen Erfolg vielfältige Leistungen erbringen, das sei beim Kampf um einen Job kaum anders.

Der Druck, seinen Körper zu inszenieren, gelte heute aber immer mehr auch für Männer.
Nach Siebens Meinung haben Frauen heute mehr mögliche Rollen zur Verfügung als Männer. Auch die Stereotype seien differenzierter geworden. Sieben sieht darin eine Chance für Selbstbehauptung und Emanzipation der Jugendlichen.

"Da ist kein Platz für Individualität"

Bei "Germany's Next Topmodel" werden Frauen laut Sieben weniger von Männern als vielmehr von anderen Frauen beurteilt: "Die härtesten Kritiker von Frauen sind die Frauen selbst." Die Zuschauer und Zuschauerinnen von Zickenkrieg und harten Juryurteilen könnten aus der Distanz Konkurrenzverhalten und Solidarität bei ihren Geschlechtsgenossinnen beobachten.

Die Inszenierung dieses Konkurrenzverhaltens ist nach Meinung von Reygers, Mitautorin des Blogs "Mädchenmannschaft" das eigentlich Schlimme an der Sendung: "Sobald in den Medien mehrere Frauen gemeinsam auftauchen, gibt es 'Zickenkrieg'." Lästernde Frauen entsprächen vor allem der Vorstellung vieler Männer. Ein klares und selbstbewusstes Auftreten löse schnell Misstrauen aus, bei Männern wie auch bei Frauen.

Reygers bezeichnete die Show als "wahnsinnig inhaltsleer". Sie kritisierte das rein auf Äußerlichkeiten festgelegte Rollenbild und die streng reglementierten Verhaltensweisen in der Sendung: "Da ist kein Platz für Individualität." Die Vielzahl von Jugendkulturen und Geschlechterrollen, aus denen junge Mädchen heute wählen könnten, werde in den Medien nicht gezeigt.

Feministin lehnt pauschale Verurteilung ab

Politikerinnen und andere in der Öffentlichkeit stehende Frauen würden immer mit einem Hinweis auf ihr Aussehen charakterisiert. Auch Frauen, die durch ihre Bildung Erfolg haben könnten, würden sich zu oft selbst auf ihr Aussehen reduzieren. Ebenso wie Sieben sieht Reygers aber auch Männer immer mehr dem Diktat von Schönheitsidealen ausgesetzt.

Eine pauschale Verurteilung der Sendung lehnte die Feministin jedoch ab. Sie bewertete es als positiv, dass in den letzten vier Staffeln durchaus unterschiedlich aussehende Frauen gewonnen hätten. Auch habe Heidi Klum eine "wahnsinnige Karriere" hinter sich, die sich nicht allein mit ihrem guten Aussehen erklären lasse. Bei "Germany's Next Topmodel" spiegelt nach Meinung Reygers' das wider, was im Modelgeschäft gefragt sei.

epd