Union einigt sich im Jobcenter-Streit

Union einigt sich im Jobcenter-Streit
Die Union hat sich im Streit um die Zukunft der Jobcenter überraschend auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Man werde in Kürze mit der SPD Verhandlungen über eine Grundgesetzänderung aufnehmen, teilte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach einem Treffen mit den Unions-Ministerpräsidenten am Sonntagabend in Berlin mit.

Ursprünglich hatte sie dies vermeiden und die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nötige Neuregelung der Hartz-IV-Verwaltung auf einfachem gesetzlichen Wege umsetzen wollen. Gegen diese Position, die auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilte, hatten sich die Ministerpräsidenten der Union verwahrt - vor allem der Hesse Roland Koch. Die SPD ist für eine Grundgesetzänderung.

Es solle mit der Verfassungsänderung auch sichergestellt werden, dass zusätzliche Kommunen, die die Langzeitarbeitslosen in eigener Regie betreuen wollen, diese Option wählen könnten, sagte von der Leyen. Damit würde das Modell der sogenannten Optionskommunen ausgeweitet, so wie es Koch wollte. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich berichtete, die Regierungschefs hätten aber akzeptiert, dass es eine "Aufsicht über die verwendeten Gelder geben muss".

"Jobcenter verfassungsfest machen"

Von der Leyen sprach von intensiven Verhandlungen und sagte, die Interessen des Bundes und der Länder seien gleichermaßen berücksichtigt worden. Alle Seiten hätten nachgegeben. "Wir werden die Jobcenter jetzt verfassungsfest machen", sagte die Ministerin.

Im Kern geht es darum, ob die Betreuung der Langzeitarbeitslosen von Bundesagentur und Kommune wie bisher in einer Art Mischverwaltung aus einer Hand fortgeführt werden kann. Dies hatte das Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Mit einer Grundgesetzänderung könnte die Rechtsgrundlage dem angepasst werden. Von der Leyen hatte ursprünglich eine freiwillige Kooperation beider Behörden bei rechtlich getrennter Zuständigkeit angestrebt.

Zuversicht bei der CDU

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist optimistisch, nach der unionsinternen Einigung über die Jobcenter-Reform eine Grundgesetzänderung gemeinsam mit der SPD hinzubekommen. Er sagte am Montag im ZDF-"Morgenmagazin": "Das wird nicht einfach. Aber ich glaube, es geht jetzt in die richtige Richtung." Koch begrüßte die Einigung der Unions-Ministerpräsidenten mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Eine wichtige Einigung ist: Wir wollen, dass die Zusammenarbeit der Behörden so bleiben kann, wie sie ist." Die Menschen hätten nichts von einer Trennverwaltung. Wenn sie hin- und hergetrieben würden, nütze das niemandem, am wenigsten den Langzeitarbeitslosen, sagte Koch. 

"Zeitdruck riesengroß"

SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte am Sonntag kurz vor dem Unionstreffen eine Aufspaltung der Jobcenter einen "Skandal". "Da wird ohne Not etwas aufgegeben, was erhaltenswert ist", sagte er im ARD-"Bericht aus Berlin". Er schlug erneut eine Grundgesetzänderung vor, damit die Jobcenter - in denen Kommune und Arbeitsagentur zusammenarbeiten - erhalten bleiben können.

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil stellte in der "Frankfurter Rundschau" (Montag) klar, dass es keine Zustimmung der SPD zu einer Verfassungsänderung geben soll, die nur auf eine Ausweitung der bisher 69 Optionskommunen zielt. Diese betreuen die Hartz-IV-Empfänger in Eigenregie. Eine Grundgesetzänderung müsse auch die Weiterarbeit der Jobcenter in der bisherigen Form sicherstellen. "Das ist ein Paket. Unsere Bedingung ist, dass beides gemacht wird", sagte Heil der "Braunschweiger Zeitung" (Samstag).

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 die gemeinsam von der Bundesarbeitsagentur (BA) und den Kommunen betriebenen Jobcenter (Argen) beanstandet und eine Neuregelung bis Ende 2010 verlangt. Die SPD/CDU-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern will die Suche nach einem Jobcenter-Kompromiss vorantreiben. "Ich glaube, dass jetzt eine Chance besteht, einfach weil der Zeitdruck riesengroß ist", sagte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) der dpa.

dpa