Jobcenter-Reform: Von der Leyen kompromissbereit

Jobcenter-Reform: Von der Leyen kompromissbereit
Im jahrelangen Tauziehen um die Reform der Jobcenter zeichnet sich überraschend Bewegung ab. Nach einem Vorstoß des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) steht seit Dienstag eine Änderung des Grundgesetzes wieder auf der Tagesordnung.

Unterstützung erhielt Koch aus anderen Bundesländern. Die SPD forderte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu Verhandlungen auf. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 - bislang ergebnislos - eine Neuregelung für die Hartz-Vier-Betreuung bis Ende 2010 angemahnt.

Auf die Forderung Kochs reagierte von der Leyen kompromissbereit. "Ich habe stets gesagt, dass ich eine pragmatische mehrheitsfähige Lösung suche." Sie sei "für eine Grundgesetzänderung offen". Die Ministerin will bereits an diesem Sonntag mit den Ministerpräsidenten der Union darüber reden.

"Jetzt müssen sich alle aufeinander zubewegen"

Bislang kümmern sich Kommunen und Arbeitsagenturen in 346 Jobcentern gemeinsam um Hartz-IV-Empfänger. Dies muss aber Ende 2010 beendet werden, weil das Bundesverfassungsgericht darin eine unzulässige Mischverwaltung sieht. Nach den Vorstellungen von der Leyens sollen Kommunen und Arbeitsagenturen die rund 6,5 Millionen Hartz-IV-Bezieher und ihre Familien künftig zwar unter einem Dach betreuen und dabei freiwillig kooperieren, jedoch wieder für getrennte Bereiche zuständig sein. Kritiker sehen darin die Zerschlagung der Jobcenter.

Koch hält nur eine Grundgesetzänderung für tragfähig. Es gebe einen "fundamentalen Dissens" zu den Plänen von der Leyens. Die hessische Entscheidung sei endgültig, heißt es in dem Schreiben aus Wiesbaden an die Ministerin. Hessen werde nur einem Gesetz zustimmen, das Jobcenter und Optionskommunen im Grundgesetz verankert. Die Optionskommunen betreuen Langzeitarbeitslose in eigener Regie, in Hessen gibt es davon besonders viele.

Von der Leyen knüpfte ihre Kompromissbereitschaft an die Bedingung, eine im Grundgesetz verankerte Lösung müsse "in kürzester Zeit realisierbar sein" und sowohl den Interessen von Kommunen und Bund gerecht werden. In den vergangenen zwei Jahren sei dieser Weg bisher erfolglos versucht worden. Sie forderte die Kritiker auf, angesichts der Zeitnot von Maximalforderungen abzugehen. "Jetzt müssen sich alle aufeinander zubewegen."

Schwarz-gelbe Regierung hat "wertvolle Zeit verplempert"

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil forderte die Ministerin auf, "unverzüglich mit uns Verhandlungen aufzunehmen". Der hessische Vorstoß zeige, dass von der Leyen mit ihren Plänen zur Zerschlagung der Jobcenter gescheitert sei. Die Vorschläge seiner Partei für die Änderung des Grundgesetzes lägen auf dem Tisch.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will die Vorschläge von der Leyens "konstruktiv begleiten, aber parallel die Grundgesetzänderung als beste Lösung ausloten und verfolgen". Der schleswig-holsteinische Arbeits- und Sozialminister Heiner Garg (FDP) kündigte an, sein Land werde sich für eine Grundgesetzänderung zur Neuordnung der Jobcenter einsetzen. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) äußerte sich ähnlich.

Die Arbeitmarktexpertin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, forderte von der Leyen auf, "die getrennte Aufgabenwahrnehmung auf den Müllhaufen der Geschichte" zu werfen. Die schwarz-gelbe Regierung sollte "endlich ihre Niederlage akzeptieren und den Weg für eine Verfassungsänderung frei machen". Sie habe "mit ihrer starrköpfigen Haltung wertvolle Zeit verplempert und sogar den Verfassungsbruch riskiert".

dpa