Weißes Gold vom Rußköhler: Meißener Porzellan

Weißes Gold vom Rußköhler: Meißener Porzellan
Es muss ein Riesen-Triumph für den sächsischen Monarchen August den Starken gewesen sein. Per Dekret und mit vielen sprachlichen Pirouetten kündigte seine Hofkanzlei vor 300 Jahren, am 23. Januar 1710, die Gründung der Porzellanmanufaktur in Meißen an. Augusts Kanzlisten verfassten das Schreiben auch in lateinischer, französischer und holländischer Sprache.
22.01.2010
Von Marius Zippe

Der Monarch hatte nicht nur den europaweiten und fast krimireifen Wettlauf um die Herstellung des Porzellans gewonnen. Er hoffte zugleich auf Großbestellungen von anderen Höfen und satte Gewinne.
Dass die Sachsen richtig lagen, zeigt die nunmehr 300-jährige Geschichte der heutigen Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen.

Sie verfügt mittlerweile über einen Fundus von 200.000 Produkten - darunter Geschirr, Plastiken, Schmuck oder Wohnaccessoires - und genießt auch im Ausland hohes Ansehen.

Zum Jubiläum sind größere Ausstellungen in Dresden und Berlin geplant. Der Start des Festjahres erfolgt aber zum Gründungstag am 23. Januar in der Manufaktur selbst. Dort wird Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Ausstellung "Alle Nationen sind willkommen" eröffnen.

Die Erfindung des europäischen Porzellans ist untrennbar mit dem nach Glanz gierenden sächsischen Hof und dem Apothekergesellen Johann Friedrich Böttger (1682-1719) verbunden. 200 Jahre lang wurde bis Anfang des 18. Jahrhunderts an verschiedenen Orten Europas versucht, das bislang teuer aus Ostasien importierte Porzellan selbst herzustellen.

Aber erst dem Thüringer Friedrich Böttger gelangen entscheidende Erfolge. Er weckte zunächst als angeblicher Goldmacher das Interesse Augusts des Starken. Als lebendes Staatsgeheimnis und Gefangener des Monarchen musste Böttger an der künstlichen Herstellung des Edelmetalls tüfteln. Ab 1704 bezog ihn der Gelehrte Ehrenfried Walther von Tschirnhaus in Experimente zur Porzellanherstellung ein, dem "weißen Gold".

Richtige Brenntechnik

Es ging nicht nur um die richtige Zusammensetzung das Materials, sondern auch um die geeignete Brenntechnik. Die Basis dafür war das Know how des Silberbergbau- und Hüttenwesens im Erzgebirge. Hohe Brenntemperaturen mussten ebenso beherrscht werden wie der Bau von Öfen. 1707/1708 gelang Böttger in seinem Dresdner Labor die Herstellung der ersten weißen Porzellangefäße. Bei einem Besuch August des Starken soll Böttger wie ein "Rußköhler" ausgesehen haben.

1710 wurde dann die Porzellanmanufaktur auf der Albrechtsburg in Meißen eingerichtet. Ab 1722 zierten die gekreuzten blauen Schwerter als Markenzeichen das Meißner Porzellan - auch wenn das Geheimnis um seine Herstellung inzwischen nach Wien verraten worden war.

In der Herstellung dominierten zunächst ostasiatische Vorbilder.
Nach chinesischer Dekorgestaltung entstand zum Beispiel das noch immer populäre blaue Zwiebelmuster. Allerdings setzten sich zunehmend auch deutsche Motive durch. Ab 1731 arbeitete Porzellangestalter Johann Joachim Kaendler in Meißen. Er prägte mit seinen Reliefen und Dekoren im Stil des Spätbarock und Rokoko die europäische Formensprache.

Krisen und Konkurrenz prägen Geschichte

Zwar hatten die handgefertigten Produkte stets ein hohes Ansehen. Aber die Geschichte der Manufaktur ist auch von Krisen und hartem Konkurrenzkampf geprägt. 1945 demontierte die sowjetische Besatzungsmacht sogar die Maschinen des inzwischen ins Meißner Triebischtal umgezogenen Unternehmens. In der DDR firmierte die Manufaktur dann als Volkseigener Betrieb und brachte begehrte Devisen ein.

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise lastet auf dem Traditionsunternehmen, das Besucher mit einem Museum und Schauwerkstätten lockt. Nach Auskunft von Geschäftsführer Christian Kurtzke gilt für 30 Prozent der gut 800 Mitarbeiter derzeit Kurzarbeit. Bei einem Umsatz von 35 Millionen Euro verzeichnete die Manufaktur 2008 sogar einen Verlust von sechs Millionen Euro. Die Zahlen spiegelten aber nicht nur die Krise, sondern auch ein allgemeines "Strukturproblem der Branche", sagt Kurtzke.

Erfolge habe sein Unternehmen vor allem in den Bereichen Schmuck und Inneneinrichtung zu verzeichnen. Zudem will Kurtzke das Image aufpolieren. "Wir werden die Marke konsequent verjüngen", kündigt er an. Neben Klassikern wie dem Zwiebelmuster-Porzellan gehören zum Angebot mittlerweile auch Sets für Sushi und Pasta sowie Espresso-Tassen.

epd