GM-Chef klärt Opels Zukunft direkt vor Ort

GM-Chef klärt Opels Zukunft direkt vor Ort
Wenige Tage nach der überraschenden Kehrtwende im Opel-Poker hat General-Motors-Chef Fritz Henderson in Deutschland Gespräche über die Sanierung der angeschlagenen Europa-Tochter begonnen. Am Montag gab es zunächst "interne Gespräche" mit dem Opel-Management in Rüsselsheim, wie ein Sprecher mitteilte, Gespräche mit dem Betriebsrat sollen folgen. Laut einer Analyse der US-Ratingagentur Moody's könnte die Sanierung von Opel unterdessen mehr als zwei Milliarden Euro teurer werden als bislang bekannt. Der frühere Präsident des Bundeskartellamtes Ulf Böge wurde als neuer Vertreter der Bundesregierung in der Opel-Treuhand berufen.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa hat Henderson die erste Vorlage eines Zukunftskonzepts für Opel im Gepäck. Demnach will General Motors (GM) seiner deutschen Tochter künftig mehr Eigenständigkeit erlauben. Dies hatte zuletzt der Betriebsrat als Vorbedingung für neue Verhandlungen genannt. Henderson sprach in Rüsselsheim unter anderem mit der Geschäftsführung und dem Bereich Entwicklung.

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Auch die Besetzung des europäischen Chefpostens dürfte bei den Gesprächen eine Kernfrage sein. Am Wochenende hatte der Konzern versöhnliche Signale gesendet: Demnach soll der Chefposten in Europa möglichst von einem Europäer besetzt werden, um die Spannungen zwischen dem US-Konzern und der europäischen Belegschaft abzubauen, hieß es in Unternehmenskreisen.

Allerdings wird erwartet, dass vorübergehend zunächst der GM-Manager Nick Reilly als Sanierungsbeauftragter eingesetzt wird. Reilly, der derzeit von Schanghai aus das Auslandsgeschäft von General Motors verantwortet, ist nach dpa-Informationen diese Woche ebenfalls in Rüsselsheim. Reilly wird von großen Teilen der Belegschaft abgelehnt, weil er als harter Sanierer gilt.

Betriebsrat will AG nach deutschem Recht

General Motors will gut 10.000 der mehr als 50.000 Jobs in Europa streichen. Bedroht ist insbesondere das Werk im belgischen Antwerpen. Hingegen hat GM für den Standort Bochum, der lange auf der Streichliste des US-Konzerns stand, inzwischen ein neues Konzept erarbeitet. Nach GM-Angaben ist aber noch nichts entschieden. Man strebe eine Einigung mit dem Opel-Betriebsrat an. Fest stehe lediglich, dass die Fixkosten um 30 Prozent gesenkt werden müssten.

Der Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Franz hatte vergangene Woche gefordert, dass die Adam Opel GmbH in eine deutsche Aktiengesellschaft umgewandelt werde. "Wir wollen kein Anhängsel sein, das von Detroit aus durchregiert wird." Bei den Gesprächen mit Henderson soll ausgelotet werden, ob der Betriebsrat Verhandlungen mit dem Management aufnimmt.

Parallel soll es Gespräche zwischen GM-Vertretern und der Politik geben. Dabei sind vor allem Gespräche in Berlin und Brüssel denkbar. Wichtig wird auch die Frage weiterer Staatshilfe für das schwer angeschlagene Europageschäft sein. Hierzu hatte es zuletzt unterschiedliche Signale aus der Politik gegeben. Ein Treffen Hendersons mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) soll es nach Berliner Angaben nicht geben.

Sanierung könnte noch teurer werden

Die EU-Kommission plant unterdessen ein neues Minister-Treffen zur Zukunft des krisengeschüttelten Autobauers Opel. «Wir prüfen, ob es möglich ist, ein solches Treffen abzuhalten», sagte der Sprecher des EU-Industriekommissars Günter Verheugen. Solche Treffen der verantwortlichen Fachminister aus den von der Opel-Krise betroffenen EU-Ländern hatte es in der Vergangenheit bereits öfter gegeben. Ziel war eine europäische Koordinierung.

Die US-Ratingagentur Moody's bezifferte die Sanierungskosten für Opel am Montag auf 8,5 Milliarden Dollar, das sind deutlich mehr als fünf Milliarden Euro, wie Moody's mitteilte. General Motors hatte die Kosten dagegen bislang auf drei Milliarden Euro beziffert. GM verfügt nach Einschätzung von Moody's trotz der Milliardenhilfen der US- Regierung nicht über ausreichend Liquidität, um das eigene Geschäft und die Sanierung von Opel zu stemmen.

Neuer Opel-Treuhänder bestimmt

Der frühere Bundeskartellamts-Präsident Böge ist in der Opel-Treuhand Nachfolger von Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer, der nach heftigen Differenzen am Wochenende zurückgetreten war. Die Treuhand verwaltet derzeit noch 65 Prozent der Opel-Anteile. Wenn General Motors (GM) den staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro zurückgezahlt hat, wird die Treuhand aufgelöst.

Der bisherige Europachef von General Motors, Carl-Peter Forster, hatte seinen Posten vergangene Woche verlassen. Er hatte sich für die Übernahme einer Opel-Mehrheit durch ein Konsortium um den Zulieferer Magna ausgesprochen, die überraschend von General Motors abgesagt worden war. Laut einem Bericht des "Manager Magazins" wird Forster neuer Chef des indischen Autoherstellers Tata Motors. Forster habe den Vertrag bereits unterschrieben und werde voraussichtlich zum Jahresende seinen Posten in Indien antreten, schreibt die Zeitschrift unter Berufung auf Detroiter GM-Kreise.

dpa