Diakonie fordert höheren Hartz-IV-Satz für Kinder

Diakonie fordert höheren Hartz-IV-Satz für Kinder
Der Präsident des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland, Klaus-Dieter Kottnik, hat einen neuen Hartz-IV-Regelsatz für Kinder gefordert. Dieser müsse dem tatsächlichen Bedarf der Kinder in armen Familien gerecht werden, sagte der Diakonie-Präsident am Samstag im Deutschlandradio Kultur.

Zugleich kritisierte er die Verteilung des Kindergeldes: "Es gibt Menschen, die diese Leistungen nicht benötigen. Es gibt Menschen, die brauchen sehr viel mehr." Bei Hartz IV werde derzeit das Kindergeld
sogar abgezogen, sagte Kottnik: "Die haben gar nichts davon Es ist notwendig, da an der Stelle mehr zu tun." In der kommenden Woche wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über den Hartz-IV-Regelsatz für Kinder verhandeln.

Ausbau von Kindertagesstätten

Mit dem aktuellen Unterhalt für die Kinder werde nicht deren Anschluss in der Bildung gefordert, sagte Kottnik. Er sprach sich für einen quantitativen und qualitativen Ausbau von Kindertagesstätten aus. Kindertagesstätten müssten Bildungseinrichtungen werden: "Dafür müssen die Erzieherinnen ausgebildet sein." Ebenso forderte er eine Ganztagesbetreuung. "Kinder aus armen Verhältnissen haben im
Augenblick kaum die Möglichkeit, zum Beispiel in der Schule am Mittagessen teilzunehmen."

In der Diskussion um eine Grundsicherung wandte sich der Diakonie-Präsident gegen das FDP-Konzept des Bürgergeldes. Notwendig sei eine Sicherung, die das Existenzminimum eines Menschen festlege
und garantiere: "Das Bürgergeld wäre uns nicht ausreichend. Im Bezug auf das Bürgergeld wird ja nicht gesagt, was die Menschen an zusätzlichen Hilfen bekommen." Gut sei an dem Konzept aber, dass die
Menschen ihr Geld dann nur noch von einer Stelle bekämen.

Im Hinblick auf die Zukunft der Pflege in Deutschland regte Kottnik eine breite gesellschaftliche Diskussion an. Bereits heute könnten in der Pflege nicht mehr alle Stellen besetzt werden: "Wir haben ein Bild in unserer Gesellschaft, dass die Arbeit mit pflegebedürftigen Menschen nicht attraktiv sei." Mit dem Wert der
Pflegebedürftigen müsse auch der Wert der Pflegenden erkannt werden: "Nämlich dass es eine adäquate Personalausstattung geben muss und dass es auch eine adäquate Bezahlung und eine adäquate berufliche Weiterentwicklung für die Menschen, die in der Pflege sind, geben muss."

Kritik an Pflegekassen

Als eine Möglichkeit der Finanzierung nannte Kottnik die Anhebung der Beitragssätze. Auch könnten über Arbeitseinkünfte hinaus andere Einkunftsarten in die Finanzierung einbezogen werden. Weiter schlug er vor: "Ich denke, es müssten auch zusätzlich Steuermittel dafür zur Verfügung gestellt werden."

Vorwürfe gegen die Lohnpolitik des Diakonischen Werks, unter anderem wegen der Ausgründungen im Servicebereich, wies Kottnik zurück. Er selbst finde die Löhne zwar nicht ausreichend, aber im
Verhältnis zu privaten Trägern handele es sich um eine "ordentliche" Bezahlung. Das eigentliche Problem liege nicht bei der Diakonie: "Das Problem liegt daran, dass die tarifgerechte Bezahlung nicht refinanziert wird." Die Pflegekassen seien nicht in der Lage und auch nicht bereit, die Tarife zu berücksichtigen.

Kottnik bedauert nach eigener Aussage, dass sich die Gewerkschaften mit ihrer Kritik auf die Diakonie "eingeschossen" hätten. Diakonie, Kirche und Gewerkschaften sollten stattdessen in Bezug auf die großen gesellschaftlichen Fragen zusammenarbeiten. Arbeitskämpfe lehnte er ab: Streiks und Aussperrungen seien nicht hin mit dem "Grundverständnis des gemeinsamen Dienstes am Menschen" vereinbar, dem die Leitung der Diakonie genauso verpflichtet sei wie die Mitarbeiter am Krankenbett.

epd