Machtverschiebung und Pläne für mehr Regulierung

Machtverschiebung und Pläne für mehr Regulierung
Schwellenländer steuern künftig die Geschicke der Weltwirtschaft mit, das Finanzsystem soll sicherer werden, und Boni für Bankmanager werden reguliert: Das haben die Staats- und Regierungschefs der G20 bei ihrem Gipfel in Pittsburgh verabredet.

Die Staats- und Regierungschefs der G20 präsentierten sich zum Abschluss ihres Treffens in der Nacht auf Samstag im amerikanischen Pittsburgh als eine Art Weltwirtschaftsregierung. Als Lehre aus dem schlimmsten Konjunktureinbruch seit den 30er Jahren werden die Banken an die Kandare genommen und Managergehälter zurechtgestutzt. Im Hinblick auf die Weltklimaverhandlungen hat der Gipfel dagegen wenig Resultate gebracht: Das Ziel, ein neues Abkommen im Dezember in Kopenhagen zu schließen, ist ernsthaft in Gefahr.

Schwellenländer entscheiden künftig mit

Asien und Lateinamerika sind so etwas wie die Gewinner der Weltwirtschaftskrise: Aufstrebende Nationen wie China, Indien, Brasilien und Mexiko steuern künftig in der Gruppe der 20 führenden Wirtschaftsnationen (G20) die globale Handels-, Konjunktur- und Währungspolitik entscheidend mit. Allerdings repräsentieren die bei den G20 vertretenen großen Schwellenländer nicht notwendigerweise die Interessen ihrer jeweiligen Region - darauf hat der Entwicklungspolitik-Experte Jürgen Reichel vom Evangelischen Entwicklungsdienst im Interview mit evangelisch.de hingewiesen.

Die von der Rezession besonders hart getroffenen Nordamerikaner und Europäer müssen ihren wirtschaftspolitischen Führungsanspruch teilen. Die führenden sieben Industriestaaten und Russland (G8) geben ihr Machtmonopol auf und wollen sich künftig auf politische Krisen konzentrieren.

Erst vor zehn Monaten waren aus der Not der Krise die G20-Gipfel ins Leben gerufen worden. Pittsburgh markierte das dritte Treffen binnen zehn Monaten. Zur Gruppe der 20 gehören 19 Staaten und die Europäische Union. Sie repräsentiert rund 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

"Finanzsystem wird anders und sicherer"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zeigten sich nach zwei Tagen Verhandlungen zufrieden. Für die Bürger gebe es nun mehr Sicherheit, "dass sich eine solche Krise nicht wiederholt", sagte Merkel. Der Gastgeber, US-Präsident Barack Obama, sagte: "Unser Finanzsystem wird anders und sicherer sein als jenes, das im vorigen Jahr so dramatisch versagte."

Merkel verwies darauf, dass künftig Bonuszahlungen an Bankmanager nur zugelassen sind, wenn sie erfolgsabhängig sind. Geldhäuser, die die Richtlinien umgehen, müssen mit Strafen rechnen. Aufsichtsbehörden wachen über die Einhaltung der Vergütungssysteme, heißt es in der Abschlusserklärung. Nimmt eine notleidende Bank Staatshilfe an, können Vergütungen nachträglich gekürzt werden.

Die USA wollen schärfere Vorschriften für das Eigenkapital von Banken bis 2011 umsetzen. Das "Basel II"-Abkommen, das diese Eigenkapitalrichtlinien festlegt, gilt in Deutschland und anderen europäischen Ländern bereits seit Anfang 2007. Nun wird es für alle G20-Mitglieder verbindlich. Es soll die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Finanzsystems stärken, die Wettbewerbsgleichheit verbessern und Risiken besser erfassen.

Druck auf Steueroasen erfolgreich

Einige Geldhäuser hatten vor der Krise mit gepumptem Geld gezockt. Als das Kartenhaus vor gut einem Jahr endgültig eingestürzt war, hatten viele keine Rücklagen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Zahlreiche Banken mussten durch Milliarden aus der Steuerkasse vor dem Untergang bewahrt werden.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) verwies darauf, dass die G20 durch Druck auf Steueroasen erreicht hätten, dass 20 neue Doppelbesteuerungsabkommen beschlossen worden seien. Von März 2010 an drohen Steueroasen Strafen.

Der neue Machtanspruch der sogenannten Schwellenländer soll sich auch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) niederschlagen. China, Indien und Brasilien, aber auch die Entwicklungsländer sollen spätestens im Januar 2011 mehr Einfluss bekommen. Mindestens fünf Prozent der Stimmrechte werden umverteilt, die Europäer müssen abgeben.

Freier Welthandel im Blick

Die nächste Konferenz der Staats- und Regierungschefs ist für Sommer in Kanada, die übernächste in Südkorea im November geplant. "Wir erwarten, uns danach jährlich zu treffen und werden uns 2011 in Frankreich treffen", hieß es in der Abschlusserklärung.

Die G20 wollen die Welthandelsgespräche nächstes Jahr zum Erfolg führen. "Wir werden Protektionismus bekämpfen." Die Welthandelsrunde liegt wegen eines Streits um Agrarsubventionen auf Eis.

Kopfschmerzen bereiten den G20-Chefs die Weltklimaverhandlungen. Das Schicksal des Abkommens hängt jetzt vor allem von den USA ab. Die Frage, ob Kopenhagen ein Erfolg wird, entscheide sich "eher im US-Senat als auf einem G20-Gipfel", sagte Merkel. Einen Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung erbrachte der G20-Gipfel trotzdem: Die G20-Staaten wollen die staatliche Förderung für weniger ergiebige fossile Brennstoffe auslaufen lassen. "Das wird zu unserer Energiesicherheit beitragen und die grünen Jobs der Zukunft schaffen", sagte Obama. Insgesamt 300 Milliarden Dollar an globalen Subventionen fielen weg.

dpa/evangelisch.de