Ethikrats-Mitglied: Kassen informieren unzureichend über Organspende

Ethikrats-Mitglied: Kassen informieren unzureichend über Organspende
Die Krankenkassen in Deutschland informieren nach Expertenansicht nicht umfassend genug über die Organspende.
20.06.2014
epd
Johannes Süßmann

In den Informationsmaterialien der Krankenkassen müsse deutlich werden, dass ein "Nein" zur Organspende ebenso moralisch verantwortbar sei wie ein "Ja". Wunder hat für den Ethikrat das Material der gesetzlichen und einiger privater Krankenkassen auf Mängel untersucht.

Laut Transplantationsgesetz müssen die Kassen ihre Mitglieder seit Ende 2012 in regelmäßigen Abständen "umfassend" und "ergebnisoffen" über die Organspende aufklären. Ziel ist es, "eine informierte und unabhängige Entscheidung jedes Einzelnen zu ermöglichen".

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Das Material der Kassen greife nur in ganz wenigen Fällen auch kritische Argumente auf, sagte der Diplom-Psychologe - etwa bei dem für die Organspende entscheidenden Kriterium des Hirntods: Hier informierten die Kassen zwar überwiegend richtig, aber meist nur "äußerst knapp", sagte Wunder. Bedenken gegen das Konzept des Hirntods würden gar nicht aufgegriffen - was die Informationen unvollständig mache. Zur Spende vorgesehene Organe können nur einem am Leben gehaltenen Organismus entnommen werden.

Zudem fänden sich bei keiner Kasse Angaben über sogenannte "organprotektive Maßnahmen": Um die Organe vor der Spende funktionstüchtig zu halten, müsse die Beatmung des potenziellen Spenders fortgesetzt werden; oft würden auch schon vor Abschluss der Diagnose Hirntod Medikamente gegeben, die nicht mehr zur Heilung des Patienten beitragen sollen.

Auch in Sachen Aktualität förderte die Analyse des Infomaterials laut Wunder "erhebliche Unterschiede" zutage. Immer wieder fänden sich veraltete Zahlen, etwa zur Zustimmung der Bevölkerung zur Organspende. Der Transplantationsskandal vom Sommer 2012 werde nur selten erwähnt. Zudem böten nur wenige Kassen ausreichend Informationen über die insgesamt fünf verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten, die der Organspendeausweis biete, darunter die Varianten, "Nein" anzukreuzen oder die Entscheidung einer Vertrauensperson zu übertragen.

Neben den Krankenkassen ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung  beauftragt, die Bürger über die Organspende zu informieren. Deren Materialien hat die Berliner Soziologin Antje Kahl in einer Studie untersucht - mit ähnlichem Ergebnis: Demnach ist das Informationsmaterial der Bundeszentrale "sehr einseitig, kritische oder ablehnende Argumente fehlen". Die genauen Ergebnisse der Studie sollen Ende 2014 veröffentlicht werden.