Europarat benennt deutsche Defizite beim Kampf gegen Rassismus

Foto: dpa/Bernd Thissen
Europarat benennt deutsche Defizite beim Kampf gegen Rassismus
Es ist eine ungewöhnlich harsche Rüge: Eine Kommission des Europarates kritisiert Deutschland für Defizite im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Eine Kommission des Europarates kritisiert Deutschland für Defizite beim Vorgehen gegen Rassismus und Diskriminierung.

Es gebe in mehreren Bereichen Anlass zur Sorge, heißt es in einem Bericht, den die Experten der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz am Dienstag in Straßburg veröffentlichten. Beunruhigt ist das Gremium vor allem über die Versäumnisse bei den Ermittlungen zu den Morden des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). "Ganz Europa war schockiert", als die Existenz des NSU Ende 2011 aufgedeckt wurde, heißt es in dem Dokument.

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Die Kommission überwacht die Maßnahmen gegen Rassismus in allen 47 Mitgliedsländern des Europarats. Jedes Land erhält alle fünf Jahre einen Länderbericht, den letzten Deutschland-Bericht gab es 2009. Zwar habe die Bundesrepublik in Folge des NSU-Skandals eine Reihe wichtiger Konsequenzen gezogen, unterstreichen die Experten des Europarates. Dennoch gebe es in Deutschland immer noch kein System, in dem Zwischenfälle mit fremdenfeindlichem Hintergrund zufriedenstellend erfasst würden.

Nach wie vor komme es vor, dass die Polizei zu rasch die Möglichkeit eines rassistischen Motivs ausschließe, meint die Kommission des Europarates. "Noch 2013 mussten die türkischen Stellen die Polizei bei mehreren Gelegenheiten daran erinnern, diese Möglichkeit nach schweren Bränden in Häusern, die von türkischstämmigen Menschen bewohnt wurden, ernsthaft zu erwägen." Migranten und andere Gruppen wie etwa Homosexuelle zögerten, Übergriffe bei den Behörden zu melden. Es gebe Hinweise darauf, dass rassistische Einstellungen innerhalb der Polizeibehörden weit verbreitet seien.

Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert eigenes Klagerecht

Positiv bewertet der Bericht indessen, dass einige Bundesländer eigene Stellen zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgebaut haben. Die gesetzliche Situation von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen sei erheblich besser geworden, meinen die Straßburger Experten. Auch sei begrüßenswert, dass die Justizministerien die Polizei und die Staatsanwälte stärker in die Pflicht nehmen wollten, um rassistische Hintergründe von Straftaten zu ermitteln. Zudem werde geprüft, ob bei einer Reihe früherer Tötungsdelikte derartige Motive vorgelegen hätten.

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, begrüßte den Straßburger Bericht. "Der Bericht wirft wichtige Fragen auf. In Deutschland gibt es noch erheblichen Nachholbedarf, um Opfer von Diskriminierungen besser zu schützen", sagte Lüders dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Sie forderte ein eigenes Klagerecht für die Antidiskriminierungsstelle und für Verbände. Sie stellte sich hinter die Forderung, mehr Antidiskriminierungsstellen auf Landesebene zu schaffen. Auch die finanzielle Ausstattung der Stelle des Bundes müsse verbessert werden, sagte sie.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin rief die Bundesregierung mit Blick auf die Straßburger Kritik zum Handeln auf. Das Institut verwies vor allem darauf, dass in dem Bericht das sogenannte Racial Profiling gerügt werde. Dabei handelt es sich um verdachtsunabhängige Personenkontrollen, bei denen die die Polizei Menschen nach äußeren Merkmalen wie der Hautfarbe auswählt. "Wir begrüßen die Empfehlung der Kommission, polizeiliche Maßnahmen wie Kontrollen und Durchsuchungen von Menschen immer an einen konkreten Verdacht zu knüpfen", unterstrich die Direktorin Beate Rudolf.