Joop: "Das Schönheitsideal wird von uns nicht gemacht"

Wolfgang Joop als Juror bei Germany's Next Topmodel
Foto: ProSieben/Oliver S.
Wolfgang Joop greift als Juror bei Germany's Next Topmodel auch mal direkt zum Stift.
Joop: "Das Schönheitsideal wird von uns nicht gemacht"
Er ist Stardesigner, Paradiesvogel, Modephilosoph – und ab sofort auch noch Juror in "Germany’s next Topmodel": Wolfgang Joop. In der neunten Staffel der Castingshow wird der 69-Jährige gemeinsam mit Moderatorin Heidi Klum sowie seinem Jurykollegen Thomas Hayo über die Bewerberinnen urteilen. Joop soll den jungen Kandidatinnen wertvolle Tipps für die Karriere auf den Laufstegen dieser Welt geben und mit seinem prominenten Namen den anhaltenden Quotensinkflug der Castingshow aufhalten.

Herr Joop, früher konnten Sie nichts mit Castingshows anfangen, jetzt machen Sie bei "Germany’s next Topmodel" mit. Wie kam es zu Ihrem Sinneswandel?

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Wolfgang Joop: Das Interesse an Castingshows steigt enorm auf der ganzen Welt. Umso wichtiger ist es, Zuschauern und vor allem jungen Mädchen einen möglichst realistischen Einblick ins Model-Business zu geben. Der Anspruch steigt auf beiden Seiten, und ich denke, ich kann einen Beitrag leisten, da ich tatsächlich lange Jahre der Erfahrung vorweisen kann.

Sind Sie ein strenger Juror oder wollen Sie die Kandidatinnen eher in Schutz nehmen?

Joop: Ich habe eine starke pädagogische Verantwortung, schließlich bin ich selbst Vater von zwei Töchtern und weiß, dass das Geschäft mit Schönheit und Eitelkeit manchmal ein sehr schmerzvolles sein kann. Um sich zu schützen braucht man, neben physischen Voraussetzungen, auch Sprachkenntnisse, gutes Benehmen und Flexibilität. Ohne Selbstdisziplin wird man früher als man denkt scheitern.

"Das heutige Schönheitsideal wird von uns nicht gemacht"

Finden Sie nicht, dass Shows wie "Topmodel" ein fragwürdiges Schönheitsideal verbreiten und junge Mädchen unnötig unter Druck setzen?

Joop: Wer sich als Sportler bei den Olympischen Spielen anmeldet, ohne dem Druck der Konkurrenten gewachsen zu sein und ohne ausgiebiges Training, sollte wohl besser zu Hause bleiben. Die Mädels bei "Germany’s next Topmodel" sind individuell sehr verschieden voneinander. Wir können ihnen aber am Ende nur die eine Karriere in Aussicht stellen, wenn sie den Voraussetzungen des Business entsprechen. Das heutige Schönheitsideal wird von uns nicht gemacht.

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Sie haben Heidi Klum in der Vergangenheit öffentlich kritisiert. Hat sie Ihnen das krumm genommen?

Joop: Heidi erzählte unlängst in einem Interview, dass sie in den 90er Jahren als Runway-Model selten gebucht wurde, und als man mich vor sechs Jahren fragte, ob ich sie buchen würde, sagte ich, dass sie einfach einen anderen Typus Model verkörpere. In diesem Punkt verstehen Heidi und ich uns. Das hat nichts damit zu tun, dass sie eine der schönsten Frauen der Welt ist. Heidi weiß sehr genau, wer sie ist und wie ich das damals gemeint habe.

Wie läuft nun bei "Topmodel" die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Heidi Klum? Wer entscheidet zum Beispiel, ob ein Mädchen die nächste Runde erreicht oder fliegt?

Joop: Die Zusammenarbeit mit Heidi macht Spaß und wir beide teilen durchaus den Wunsch, die Mädels, die sich diesem Wettkampf gestellt haben, weiterzubringen. Auch wenn eine Situation mal ausweglos erscheint, versuchen wir ihnen klarzumachen, dass mit dem Aus bei "Germany’s next Topmodel" ihre persönliche Karriere nicht beendet ist. Der Boss in diesem Format ist absolut Heidi. Sie hört sich alle unsere Argumente an, aber letztendlich verkündet sie ihre Entscheidung.

"Für mich ist die Arbeit eine ständige Erneuerung meiner eigenen ästhetischen Maßstäbe"

Was macht denn ein gutes Model aus und was geht gar nicht?

Joop: Ein gutes Model bringt bestimmte Standards mit, die in der Modelwelt gefragt sind. Individualität ist dabei das Plus, das sie einmalig macht, nur in Ausnahmefällen sollte ein Model schon geschminkt und aufgetakelt zum Shooting kommen. Piercings und anderer Körperschmuck sind für diese Karriere meist sehr hinderlich.

Werden einige der Teilnehmerinnen für Ihr Label "Wunderkind" modeln und Ihre Kreationen vorführen?

Joop: Ja, sehr früh habe ich meine persönliche Auswahl getroffen und festgelegt. Ich hoffe nur, dass sie in Paris dem fremdem Modelanspruch gewachsen sind.

Was bedeutet Mode für jemanden wie Sie?

Joop: Für mich ist die Arbeit eine ständige Herausforderung und Erneuerung meiner eigenen ästhetischen Maßstäbe. Bei "Wunderkind" versuche ich bei jeder Saison Dinge zu entwerfen, von denen der sogenannte Markt nicht wusste, dass er sie wollte.

Und wie lange brauchen Sie selber morgens zum Anziehen und vor dem Spiegel?

Joop: Wenn ich mich für den Alltag vorbereite, dauert das Duschen und Abtrocknen länger als das Anziehen. Will ich mich für einen besonderen Anlass kleiden, ist das Kleidungsstück, was ich gerne hätte, gerade nie da.