Finanzieller Schaden im Dekanat München möglicherweise höher als gedacht

Finanzieller Schaden im Dekanat München möglicherweise höher als gedacht
Nach Verlusten in Millionenhöhe im evangelischen Dekanat München ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen suspendierten Mitarbeiter des Kirchengemeindeamtes. Offen ist, wie die finanziellen Einbußen ausgeglichen werden könnten.

Der Finanzskandal im evangelischen Dekanat München könnte sich noch ausweiten. Wie Stadtdekanin Barbara Kittelberger am Freitag auf epd-Anfrage sagte, könnte sich der finanzielle Schaden erhöhen, "wenn weitere Unternehmen Kursverluste erleiden oder insolvent gehen". Der Dekanatsbezirk hat bei Anlagegeschäften mehrere Millionen Euro verloren. Es handelt sich um Anleihen von mittelständischen Solar-, Wind-, Wasser- und Recyclingfirmen.

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Derzeit ermittle die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den inzwischen suspendierten Leiter der Finanzabteilung im Kirchengemeindeamt wegen des Verdachts auf Untreue. "Die Anzeige wurde im November erstattet", sagte Kittelberger. Die Öffentlichkeit sei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft nicht darüber informiert worden, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Dekanate gehen meist "sorgsam" mit ihren Geldern um

Die Sonderprüfung des kirchlichen Rechnungsprüfungsamtes werde für kommende Woche erwartet, sagte Kittelberger. Dann werde es im Landeskirchenamt ein erstes Gespräch geben, um noch offene Sachverhalte zu klären und mögliche Konsequenzen zu besprechen. Erst wenn der endgültige Bericht stehe, könnten auch die Gemeinden und die Öffentlichkeit informiert werden.

"Wir nehmen das Ereignis in München ernst", sagte der Finanzchef der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Erich Theodor Barzen, dem epd. Aber in der Gesamtschau werde deutlich, dass die Landeskirche mit ihren Dekanaten insgesamt sorgsam mit den anvertrauten Geldern umgingen. Fast 70 Dekanate in Bayern arbeiteten seit langem reibungslos, nur in München habe es nun diesen großen Verlust gegeben.

Das Münchner Kirchengemeindeamt, das die Rücklagen der Gemeinden sowie Werke und Dienste des Dekanatsbezirks in Höhe von 32 Millionen Euro treuhänderisch verwaltet, hatte ab 2010 fast die Hälfte der Summe in Mittelstandsanleihen in den Branchen Solar, Wind, Wasser und Müllrecycling investiert. Im Juli 2013 war eines dieser Unternehmen insolvent geworden, bis Dezember 2013 folgten drei weitere Insolvenzen. Die Anleihen in diese vier Firmen umfassten mehr als 5,5 Millionen Euro.

Rücklagen der Gemeinden sind nicht gefährdet

In Bezug auf die Insolvenzen sagte Stadtdekanin Kittelberger, dass eine Wirtschaftskanzlei damit beauftragt worden sei, bei den Gläubigerversammlungen umgehend die Ansprüche geltend zu machen. Bei den Unternehmen, die Insolvenz angemeldet hätten, handle es sich um die Meppener Solen AG, die Freiburger SAG Solarstrom, die Abfallfirma FFK Environment (Peitz) und Getgoods.de (Frankfurt an der Oder). Um weitere Anleihen nicht zu gefährden, könnten die Namen der anderen Unternehmen, in die investiert worden sei, nicht genannt werden.

Kittelberger ergänzte, die Rücklagen der Kirchengemeinden seien von den Insolvenzen nicht betroffen. Das gelte auch für die rechtsverbindlichen Rücklagen der Dienste und Einrichtungen im Dekanatsbezirk. "Die Liquidität ist nicht gefährdet", sagte die Stadtdekanin. Wie die finanziellen Verluste ausgeglichen werden könnten, müsse geprüft werden. Denkbar sei etwa der Verkauf von Grundstücken oder Gebäuden.

Das Ausmaß des Finanzdesasters war den Gemeinden erst spät mitgeteilt worden. So informierte das Kirchengemeindeamt erst im Dezember in einem Schreiben die betroffenen Kirchengemeinden darüber, dass es "künftig nicht mehr möglich sein" werde, Zinsen in Höhe von mehr als 4,1 Prozent auszuschütten, wie dies 2012 der Fall gewesen sei. Stattdessen werde für das Jahr 2013 eine Zinsausschüttung von 1,25 Prozent erfolgen. Dass sich hinter diesen Zahlen Millionenverluste verbargen, wurde damals nicht mitgeteilt.