Tibet als Disneyland: Menschenrechtler besorgt über Tourismusboom

Tibet als Disneyland: Menschenrechtler besorgt über Tourismusboom
Trotz Menschenrechtsverletzungen erlebt Tibet nach Einschätzung von Tibet-Aktivisten einen Massentourismus.

"Die Eröffnung der Eisenbahnlinie von Gormo nach Lhasa 2006 löste einen regelrechten Tourismusboom unter den Chinesen aus", sagte Tsewang Norbu von der Tibet-Initiative Deutschland in einem Interview des Informationsdienstes "Tourism Watch" (Septemberausgabe). "Tibet ist heute für die chinesischen Massentouristen ein 'Disneyland' unter eigener staatlicher Kontrolle."

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Hatten 2004 noch 1,2 Millionen Touristen die Autonome Region Tibet besucht, waren es den Angaben zufolge 2012 bereits etwa zehn Millionen, darunter 100.000 Besucher aus dem Ausland. Für das gesamte Tibet sei 2012 eine Zahl von rund 15 Millionen Touristen realistisch, sagte Norbu. Zugleich bleibe die Menschenrechtslage besorgniserregend. Besucher berichteten von Angstzuständen wie zur Zeit der Terror- und Säuberungswellen während der chinesischen Kulturrevolution (1966-1969).

Unter den chinesischen Tibet-Besuchern seien Wanderarbeiter, aber auch gläubige buddhistische Pilger, Intellektuelle und Existenzgründer. Tibeter sähen mit Sorge, dass die Reisebranche von ethnischen Chinesen dominiert werde. "Die boomende Tourismusindustrie in Tibet kommt den Tibetern nur am Rande zugute", sagte Norbu dem Informationsdienst, der vom evangelischen Hilfswerk "Brot für die Welt" herausgegeben wird. Für Ausländer änderten sich die Bedingungen ständig, Individualreisen nach Tibet seien praktisch nicht mehr möglich.

Seit der Besetzung durch die Armee der kommunistisch regierten Volksrepublik 1950/51 begehrten die Tibeter immer wieder auf. Ihre Zahl wird heute auf etwa sechs Millionen geschätzt. Bei einem Volksaufstand 1959 floh der Dalai Lama ins indische Exil.