Lutheraner und Katholiken würdigen Reformationsschrift

Gemeinsam auf einem Weg, der noch lange nicht zu Ende ist
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Gemeinsam auf einem Weg, der noch lange nicht zu Ende ist: Die Lutheraner und Katholiken haben ihr erstes gemeinsames Papier zur Reformationsgeschichte vorgelegt.
Lutheraner und Katholiken würdigen Reformationsschrift
Der Lutherische Weltbund und die katholische Kirche haben das erste gemeinsame Dokument zur Reformationsgeschichte als bedeutendes ökumenisches Signal gewürdigt. Es soll die Basis für weiteren Dialog sein.

Das Erscheinen der Schrift "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" erfülle die katholische Kirche mit "Dankbarkeit und Freude?, sagte Kurienkardinal Kurt Koch am Montag in Genf. Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Munib Younan, strich die Partnerschaft von Lutheranern und Katholiken heraus, die sich in dem Dokument niederschlage: "Wir sollten uns nicht als theologische Widersacher begreifen, die in einem formalen Disput gefangen sind."

Eine gemeinsame Expertengruppe hatte drei Jahre an dem knapp 100 Seiten starken Dokument gearbeitet, das mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 erschien. Darin wird die Reformation in eine globale Dimension gestellt sowie eine "neue Perspektive? auf Reformator Martin Luther gerichtet. Fünf "ökumenische Imperative" schließen das Werk ab. Der erste Imperativ gibt vor, dass Lutheraner und Katholiken immer und zuerst mit ihren Gemeinsamkeiten beginnen sollten.

"Die Taufe, die uns vereint"

LWB-Präsident Younan hob weiter hervor, dass in dem Dokument die Taufe als gemeinsame Basis der Kirchen genannt wurde. "Es ist die Taufe, die uns vereint", sagte der palästinensische Bischof. Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Martin Junge, sagte, das Papier "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" werde der globalen Zusammenarbeit der Kirchen neuen Schub geben.

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Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, strich gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) allerdings heraus, dass es sich bei "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" nicht um ein lehramtliches Dokument handele. Insofern sei der Text eine Wegmarke. Um das Ziel, die Einheit der Kirche zu erreichen, bleibe "noch einiges zu tun".

Die Schrift, die an der kirchlichen Praxis nichts ändern wird, wurde von einer lutherisch-katholischen Kommission vorbereitet, die der LWB und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen beauftragt hatten. Eine Expertengruppe arbeitete drei Jahre an den knapp 100 Seiten.

Der Ratsvorsitzende der EKD, Nikolaus Schneider, vermisste in dem Dokument auch die von den reformatorischen Kirchen in Europa erarbeitete Einsicht von der "versöhnten Verschiedenheit". Schneider erinnerte auch daran, dass "die gemeinsame Freude über die geistlichen Gaben der Reformation an die Christenheit" nicht aus dem Blick geraten sollten, trotz der "Last der Erinnerung".

Eine Basis für weiteren Dialog

Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, erwähnte auch die schmerzvolle Geschichte von Lutheranern und Katholiken. "Wir beklagen, was wir uns gegenseitig angetan haben." Er erinnerte an die Konfessionskriege wie den 30-jährigen Krieg und an das frühere "polemische katholische Bild von Martin Luther". Koch stellte aber klar, man müsse "unbefangen die Schattenseiten im Leben und Wirken Martin Luthers beim Namen" nennen dürfen.

Für die katholische Deutsche Bischofskonferenz erklärte deren Vorsitzender Robert Zollitsch, der Text enthalte Impulse, "die uns auch in Deutschland in der Ökumene weiterbringen können". Er wolle im Gespräch mit den evangelischen Partnern überlegen, welche "konkreten Schritte sich daraus in unserem weiteren Zugehen auf das Reformationsgedenken 2017 ergeben".

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Der katholische Theologe Wolfgang Thönissen erinnerte an die vielen Adressaten des Textes: "Es ist ein theologisches Dokument, das sich an alle Gläubigen richtet." Der Leiter des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn hielt zudem fest, dass die Rezeption Martin Luthers den Graben zwischen Katholiken und Lutheranern vertieft habe. Die Schrift "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" führe die Kirchen wieder enger zusammen. Der LWB und die katholische Kirche wollen das Dokument in ihren Gliederungen verbreiten und verstehen als Basis für den weiteren Dialog.

Dagegen stellte der evangelische Theologieprofessor Ulrich Körtner Defizite in dem lutherisch-katholischen Dokument heraus. "Dass die Reformation ein religiöser Aufbruch war, für den man bis heute nur dankbar sein kann, sucht man in dem Text vergebens", sagte Körtner dem epd. Es überwiege die Klage über die Spaltung der abendländischen Christenheit.