Bund-Länder-Kommission fordert nach NSU-Morden bessere Zusammenarbeit

Bund-Länder-Kommission fordert nach NSU-Morden bessere Zusammenarbeit
Wie konnte es geschehen, dass die Mordserie der rechtsextremen NSU jahrelang nicht aufgeklärt wurde? Eine Bund-Länder-Kommission hat mehr als 60 Schnittstellen ausgemacht, an denen es Versäumnisse gegeben hat - vor allem in der Kommunikation.

Die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus verlangt von Sicherheitsbehörden, Polizei und Justiz einen besseren Informationsaustausch. Bei der Aufklärung der Morde der rechtsextremen Terrorgruppe NSU hätten Polizei und Verfassungsschutz nicht gut zusammengearbeitet, sagte Rechtsanwalt Eckhardt Müller bei der Vorstellung des Abschlussberichtes der Kommission vor der Innenministerkonferenz am Donnerstag in Hannover. Auch die Justiz habe ihre Möglichkeiten nicht immer genutzt.

Als Konsequenz fordert die Kommission, dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine zentralere Rolle zukommen zu lassen. Künftig sollten die Landesämter für Verfassungsschutz verpflichtet werden, ihre Informationen und Auswertungen an das Bundesamt zu übermitteln. Auch der Generalbundesanwalt soll den Empfehlungen zufolge mehr Kompetenzen erhalten, um eine gemeinsame Ermittlungsführung in mehreren Fällen zu erleichtern. An den umstrittenen V-Leuten soll festgehalten werden.

"Klarer Auftrag" an Sicherheitsbehörden

"Wir sehen durch den Abschlussbericht den Reformbedarf noch einmal bestätigt", sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) als Vorsitzender der Konferenz. In den kommenden Monaten wollen die Minister und Senatoren über weitere konkrete Schritte beraten. Erste Reformen seien bereits vorgenommen worden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hob das "Gemeinsame Extremismus- und Terrorabwehrzentrum" hervor, dass er im November in Köln eröffnet hat. Es soll die Zusammenarbeit von Polizei und Behörden weiter bündeln.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) begrüßte, dass weiter V-Leute eingesetzt werden sollen. "Vertrauenspersonen sind für die Sicherheitsarchitektur in Deutschland unverzichtbar", unterstrich er. Für ihren Einsatz soll es nach den Empfehlungen künftig einheitliche Rahmenbedingungen geben. Die Kommission schlägt weiter vor, einen Regierungsbeauftragten für die Kontrolle des Verfassungsschutzes zu ernennen, etwa nach dem Vorbild des Bundesdatenschutzbeauftragten.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) bewertet den Bericht als "klaren Auftrag" an die Sicherheitsbehörden. Der eingeschlagene Kurs zur besseren Zusammenarbeit müsse konsequent fortgeführt werden, sagte Jäger. Erforderlich sei eine stärkere Vernetzung der Behörden von Bund und Ländern.

"Ermittlungen trugen rassistische Züge"

Die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus war im Februar 2012 eingesetzt worden, um die Pannen bei den Ermittlungen zu den NSU-Morden aufzuarbeiten. Ihr Mitglied Müller verteidigte den Verfassungsschutz, der derbe Schläge habe einstecken müssen. "Es ist in der Sache falsch, Polizei und Verfassungsschutz pauschal Unfähigkeit vorzuwerfen", sagte der Jurist: "Es gab auch keine Blindheit auf dem rechten Auge." Die Kommission habe jedoch mehr als 60 Schnittstellen ausgemacht, an denen es Versäumnisse gegeben habe.

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss, kritisierte unterdessen die Konsequenzen der Innenministerkonferenz als pure Kosmetik. Sie warf dem Verfassungsschutz Versagen vor. "Die Ermittlungen in der Mordserie trugen rassistische Züge", sagte Pau.

Die Terrorgruppe NSU soll insgesamt zehn Menschen zwischen 2000 und 2007 aus rassistischen Motiven ermordet haben. Die Mehrzahl der Opfer waren Muslime.