Amnesty-Report 2013: Es wird weiter gefoltert, missbraucht und vertrieben

Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty Deutschland.
dpa/Rainer Jensen
Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty Deutschland.
Amnesty-Report 2013: Es wird weiter gefoltert, missbraucht und vertrieben
Amnesty International hat seinen Menschenrechtsreport 2013 vorgelegt. In 112 Staaten wurde laut Amnesty im vergangenen Jahr gefoltert, darunter in Ländern wie Russland und China. Die neue Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, Selmin Caliskan, sprach am Mittwoch von einem "Atlas der Menschenrechtsverletzungen".

131 bewaffnete Konflikte zählte die Menschenrechtsorganisation 2012 weltweit, bei denen bis zu 1,1 Millionen Menschen ums Leben kamen. Allein in Syrien starben dem Bericht zufolge seit Beginn der Kämpfe vor zwei Jahren etwa 60.000 Menschen. In über 100 Ländern wie Ägypten und der Türkei, aber auch in dem EU-Land Ungarn, war die Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Zwölf Millionen Menschen sind den Angaben zufolge derzeit staatenlos, davon sind 80 Prozent Frauen. Für sie fühlt sich kein Staat zuständig. So sind sie Missbrauch und Vergewaltigung wie in Flüchtlingslagern im Südsudan schutzlos ausgeliefert. Weltweit waren vergangenes Jahr 43 Millionen Menschen auf der Flucht vor bewaffneten Konflikten, so viele wie seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr.

Ziviles Engagement wird immer stärker behindert

Große Sorge bereitet Amnesty das rabiate Vorgehen vieler Regierungen gegen die eigene Zivilgesellschaft. Darunter seien auch viele Staaten wie Russland, die sich zumindest formal zur Versammlungs- und Meinungsfreiheit bekennen, sagte Amnesty-Generalsekretärin Caliskan.

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In dem Land ziele ein 2012 verabschiedetes "Agentengesetz" nur darauf ab, "die russische Zivilgesellschaft kaputt zu machen", wie sie betonte. Nach dem Gesetz müssen sich alle dort tätigen Nichtregierungsorganisationen (NGO) als "ausländische Agenten" beim Justizministerium registrieren lassen. Trotz dieses enormen administrativen Drucks hätten bisher aber rund 1.000 der russischen NGOs eine Registrierung verweigert.

Als weitere Beispiele führte Caliskan Äthiopien an, wo mittlerweile ein Klima der Angst herrsche und Uganda, wo von den Behörden eine regelrechte Hexenjagd auf Schwule und Lesben veranstaltet werde. In Bangladesch würden gewerkschaftliche Aktivitäten systematisch von der Regierung erschwert und in Ägypten seien die politischen Machthaber dabei, die Forderungen des Arabischen Frühlings nach politischer Teilhabe und Meinungsfreiheit zu verraten, sagte die Generalsekretärin.

Amnesty kritisiert Zwangsräumungen

Ein großes Thema seien auch rechtswidrige Zwangsräumungen, die Amnesty 2012 in insgesamt 36 Staaten beobachtete und die sich rings um den Globus ziehen. "Den Bewohnern wird buchstäblich das Dach über dem Kopf abgerissen", kritisierte Caliskan. So wurden in der nigerianischen Stadt Port Harcourt die Häuser von 10.000 Menschen entlang der Küste abgerissen und in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Pen vertrieben Polizisten 300 Familien aus ihren Wohnungen im Stadtzentrum.

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Rechtswidrige Zwangsräumungen gab es aber auch in Brasilien im Vorgriff auf Fußballweltmeisterschaft und Olympische Spiele und in den EU-Staaten Frankreich, Italien, Bulgarien und Rumänien. Hier waren vor allem Roma betroffen, die laut Amnesty vielerorts in Europa massiven Diskriminierungen ausgesetzt sind.

Vereinzelt auch Lichtblicke

Es gebe aber auch Fortschritte bei den Menschenrechten, sagte Caliskan. So wurde in den US-Bundesstaaten Connecticut und Maryland die Todesstrafe abgeschafft und in Singapur und Malaysia wichtige Schritte in diese Richtung unternommen.

Die Verurteilung des kongolesischen Milizenführers Thomas Lubanga durch den Internationalen Strafgerichtshof sei ein wichtiger Meilenstein zur Durchsetzung internationalen Rechts. Ein großer Schritt nach vorn sei zudem der im April verabschiedete UN-Waffenhandelsvertrag.