Angelina Jolies Flucht nach vorn

Christina Applegate, Angelina Jolie und Anastacia
Foto: dpa/dpa-EPA
Christina Applegate (l.) und Anastacia (r.) sind an Brustkrebs erkrankt. Angelina Jolie (Mitte) hat das durch die Amputation beider Brüste verhindert.
Angelina Jolies Flucht nach vorn
Als Angelina Jolie (37) damit am Dienstag an die Presse ging, verbreitete sich die Nachricht in Sekundenschnelle: Die US-amerikanische Schauspielerin verkündete in einem Beitrag in der "New York Times", sie habe sich vorsorglich beide Brüste entfernen lassen.
14.05.2013
epd
Barbara Driessen

Bei Jolie, die mit US-Schauspieler Brad Pitt verlobt ist und mit ihm drei leibliche und drei adoptierte Kinder hat, liegt demnach eine Mutation des sogenannten BRCA1-Gens vor. Normalerweise schützt dieses Gen vor Krebs. Liegt es in veränderter Form vor, so erkranken die betroffenen Frauen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs.

"Meine Ärzte haben errechnet, dass mein Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, bei 87 Prozent liegt, und das Risiko, Eierstockkrebs zu bekommen, bei 50 Prozent", schreibt Jolie. Deswegen habe sie sich entschlossen, das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Jolies Mutter war im Alter von 56 Jahren an Krebs gestorben.

Kassen übernehmen Gentests bei familiärer Vorbelastung

"Mit einer Brustentfernung lässt sich das Risiko fast komplett ausschließen", sagt dazu die Direktorin der Frauenklinik am Uniklinikum Düsseldorf, Tanja Natascha Fehm. Ob bei einer Frau ein mutiertes BRCA1- oder BRCA2-Gen vorliegt, lässt sich mit Hilfe eines Gentests ermitteln. Die Kosten für einen kombinierten Test für beide Gene liegen bei etwa 1.500 Euro. Sie werden jedoch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn eine familiäre Vorbelastung vorliegt.

###mehr-links###

Bei einem so hohen Brustkrebsrisiko wie im Fall von Angelina Jolie gebe es zwei Möglichkeiten, sagt Fehm: "Man kann sich zu einer sogenannten intensiven Früherkennung entschließen, zu der neben Ultraschall und Mammografie auch eine jährliche Kernspintomographie gehört." Aber damit könne man bestenfalls den Krebs zu einem frühen Zeitpunkt erkennen. Die zweite Möglichkeit, sich nämlich präventiv die Brüste entfernen zu lassen, verhindere dagegen die Erkrankung. "Etwa 75 Prozent unserer Patientinnen entscheiden sich für eine Brustamputation", sagt Fehm.

Natürlich sei eine Brustentfernung für viele Frauen eine große psychische Belastung, meint der Leiter des Brustzentrums am Uniklinikum Köln, Stefan Krämer: "Aber gerade bei den OP-Methoden hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan." Von einer Brustamputation zu sprechen, sei gar nicht mehr korrekt: "Heute versucht man, sowohl die Haut wie die Brustwarzen zu erhalten." Bei der OP wird nur das Brustgewebe entfernt. Dabei entsteht quasi ein leerer Hautsack, der in derselben OP direkt wieder gefüllt wird. "Dabei kann man eigenes Fettgewebe aus dem Bauchraum benutzen oder Implantate", sagt Krämer.

Eierstockentfernung: "Das eilt nicht so."

Liegt eine genetische Brustkrebs-Veranlagung vor, ist oft auch - wie bei Angelina Jolie - ein erhöhtes Risiko für Eierstockkrebs vorhanden. "Betroffene Frauen lassen sich dann oft auch noch die Eierstöcke entfernen", sagt Fehm. Damit warte man aber in der Regel, bis die Patientinnen etwa 40 Jahre alt seien und die Kinderplanung abgeschlossen sei. "Das eilt dann nicht so, vor dem 40. Lebensjahr kommt dieser Krebs sehr selten vor."

Brustkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten überhaupt: "Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 60.000 Frauen neu daran", sagt Stefan Krämer. Jede achte bis zehnte Frau sei betroffen. Die Frauen, die ein verändertes BRCA1- oder BRCA2-Gen hätten, machten dabei nur fünf Prozent aller Erkrankungen aus. Deshalb sei es sehr wichtig, dass Frauen ein Bewusstsein für ihre Brust entwickelten.

"Tasten Sie sich einmal im Monat nach dem Duschen sorgfältig die Brust ab und gehen Sie zum Arzt, wenn Sie Veränderungen spüren", rät Krämer. Zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr sollten Frauen unbedingt alle zwei Jahre zum Mammografie-Screening gehen. Und schon ab dem 30. Lebensjahr rät er zu regelmäßigen Ultraschalls. Dennoch will er gleichzeitig auch beruhigen. Die Brustkrebstherapie sei eine der erfolgreichsten Therapien überhaupt: "Die Heilungsraten liegen bei 80 Prozent mehr."