NSU-Prozess: Große deutsche Zeitungen ohne Losglück

NSU-Prozess: Große deutsche Zeitungen ohne Losglück
Und wieder soll geklagt werden im Prozess um die Presseplätze im NSU-Prozess. Diesmal von großen deutschen Zeitungen - die sind nicht dabei, weil sie in der Auslosung keine Plätze bekommen haben. Bei der Auslosung der Plätze bekamen zwar türkische Medienvertreter die gewünschten Plätze. Deutsche Tageszeitungen wie die FAZ, die taz und die "Welt" allerdings nicht. Aber auch mindestens ein freier Journalist, der bei der ersten Vergabe einen Platz bekommen hatte, erhebt Einspruch gegen die neue Auslosung.

Das Oberlandesgericht München hat am Montag bekanntgegeben, welche Medien Plätze für den NSU-Prozess erhalten. Drei der 50 nach dem Losverfahren vergebenen Plätze gehen an türkische Zeitungen, einen davon erhält die Zeitung "Sabah". Einen Platz erhält auch die türkische Nachrichtenagentur Ihlas Haber Ajansi, ein weiterer geht an das Istanbuler Büro des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira. Auch der griechische Sender ERT erhält garantierten Zugang zum Prozess. Insgesamt hatten sich 927 Medienvertreter aus aller Welt beworben.

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Bei den deutschen Medien erhielten sowohl die Nachrichtenagentur dpa als auch der englischsprachige Dienst von dpa einen Platz. Losglück hatten auch die ARD, der Westdeutsche Rundfunk, der Deutschlandfunk, der Bayerische Rundfunk, der Südwestdeutsche Rundfunk und das ZDF. Bei den Privatsendern gingen Plätze unter anderem an RTL2, Kabel 1, an Ebru TV und an einige private Radiosender.

"Bild" wird ebenso über den Prozess berichten können wie "Focus" und "Spiegel". Einen Platz erhielt auch das "Süddeutsche Zeitung Magazin". Mehrere Plätze gingen an Regionalzeitungen wie die "Stuttgarter Zeitung", die "Lübecker Nachrichten" und die "Allgäuer Zeitung". Garantierte Plätze haben auch das "Svenska Dagbladet", der Radiosender France 2, NOS und die "Neue Zürcher Zeitung".

FAZ, "Welt", taz nicht dabei - dafür "Brigitte"

Die türkischen Medienvertreter zeigten sich zufrieden: Bei der Bekanntgabe der ausgelosten Medien brach leichter Jubel aus, als "Hürriyet" und "Sabah" genannt wurden. Lange Gesichter dagegen dürfte es bei den großen Zeitungen wie der "Welt" oder der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) geben. Sie hatten kein Losglück. Für Gelächter unter den Journalisten sorgte, dass die Frauenzeitschrift "Brigitte" und Radio Lotte Weimar garantierte Plätze erhielten. Der Präsident des Oberlandesgerichts in München, Karl Huber, sagte, er erlaube sich keine Bewertung über die gezogenen Medien. Das Verfahren unter Aufsicht eines Notars sei "angemessen, gerecht und anerkannt" gewesen.

Reinhard Müller, verantwortlicher Redakteur "Staat und Recht" bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", sagte dem epd, dass die Zeitung eine eventuelle Klage gegen das Vergabeverfahren prüfe. Auch der Chefredakteur der "Welt", Jan-Eric Peters teilte mit, seine Zeitung erwäge eine "juristische Klärung". Dass drei große überregionale Qualitätszeitungen ausgeschlossen seien und dafür das Anzeigenblatt "Hallo München" einen Platz erhalten habe, sei absurd.

Auch die "tageszeitung", die im ersten Verfahren auf Platz eins der Liste gestanden hatte, ging nun leer aus. Chefredakteurin Ines Pohl sagte "Focus Online", die Zeitung erwäge "eventuell in Zusammenarbeit mit anderen Medien eine Klage, um eine Videoübertragung in einen anderen Raum zu erreichen". Sie wolle aber vermeiden, dass der Prozess dadurch noch einmal verschoben werde.

Eine Klage ist schon eingereicht

Ein freier Journalist hat nach einem Bericht der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe) bereits beim Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen das Vergabeverfahren eingereicht sowie einen Antrag auf Einstweilige Anordnung gestellt. Der Journalist hatte im ersten Akkreditierungsverfahren einen Platz erhalten und war bei der neuen Verlosung am Montag leer ausgegangen.

Der Prozess gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe beginnt am 6. Mai. Zunächst war der 17. April als Starttermin vorgesehen. Nach der ursprünglichen Entscheidung des Gerichts, nach der die Sitzplätze streng nach Eingang der Anmeldungen vergeben wurden, hatten türkische Medien keine garantierten Sitzplätze bekommen.

Gegen diese Entscheidung hatte die türkische Zeitung "Sabah" geklagt. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass ausländische Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) eine angemessene Zahl von Sitzplätzen erhalten müssen. Acht der zehn NSU-Mordopfer waren türkischstämmig, eines griechischstämmig. Das Gericht hatte den Prozess nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verschoben und ein neues Akkreditierungsverfahren eröffnet.