Berliner Diakonie-Chefin kritisiert Armuts- und Reichtumsbericht

Berliner Diakonie-Chefin kritisiert Armuts- und Reichtumsbericht
Die Berliner Diakonie-Direktorin Susanne Kahl-Passoth hat den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kritisiert. Es mache sie wütend zu sehen, dass in dem Bericht das massive Armutsproblem Deutschlands ignoriert werde, sagte Kahl-Passoth dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Vernebelungsabsicht sei dabei noch eine freundliche Umschreibung für das Vorgehen der Bundesregierung.
05.03.2013
epd
Lukas Philippi

Kahl-Passoth vermisst in dem 4. Armuts- und Reichtumsbericht, der nach monatelangem Streit am Mittwoch von der Bundesregierung verabschiedet werden soll, genaue Zahlen beispielsweise zu prekären Beschäftigungsverhältnissen, wachsender Altersarmut und Wohnungsnot. Auch die ungleiche Verteilung der Vermögen in Deutschland, wie sie im Bericht zum Ausdruck komme, sei ein Problem, sagte die Diakonie-Direktorin. Hier müsse an die Verantwortung der Reichen appelliert und eine gerechte Besteuerung von Vermögen wieder eingeführt werden.

Dem Armutsbericht zufolge verfügen zehn Prozent der Bevölkerung über 53 Prozent des gesamten Privatvermögens. Dagegen kommen 50 Prozent der Bürger nur auf einen Anteil von einem Prozent. Diese Zahlen hatten die Debatte um eine stärkere steuerliche Belastung von Reichen wieder entfacht.

Kahl-Passoth sprach sich für einen flächendeckenden Mindestlohn aus: "Alles andere hilft uns nicht weiter. Das ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von prekärer Beschäftigung." Außerdem sei es nötig, dass es wieder einheitliche Leistungen für Kinder und Jugendliche gibt. "Konkret heißt das, dass auch Hartz IV-Bezieher wieder Kindergeld in voller Höhe bekommen und es ihnen nicht auf die übrigen Einkünfte angerechnet wird."

Zudem müssten die Bildungschancen für alle gewährleistet sein: "Das heißt, benachteiligte Kinder und Jugendliche müssen entsprechend gefördert werden." Auch in die Integration von Langzeitarbeitslosen müsse wieder mehr investiert werden, anstatt die Gelder immer weiter zurückzuschrauben.

Die Chefin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz plädierte dafür, den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung künftig von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erstellen zu lassen. Dies sei nötig, um ein realistisches Bild von der Lage im Land zu bekommen.