Früherer MDR-Intendant Reiter: Rollstuhlfahrer haben es schwer

Früherer MDR-Intendant Reiter: Rollstuhlfahrer haben es schwer
Der frühere MDR-Intendant Udo Reiter macht "objektive Schwierigkeiten" für die geringe Repräsentanz von Rollstuhlfahrern in Führungsämtern verantwortlich.

Wenn man einen Spitzenjob habe, könne man nicht einfach sagen: "Ach, heute tut mir der Hintern weh, ich ruhe mich lieber ein bisschen aus", sagte der seit 1966 querschnittsgelähmte Reiter der "tageszeitung" (Samstag). In dem Falle gebe es nur "ganz oder gar nicht". Die Probleme für Rollstuhlfahrer in der früheren DDR habe er allerdings unterschätzt, als er 1991 als Gründungsintendant des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) nach Leipzig kam. "Dass es so schwierig sein würde, wusste ich nicht", sagte Reiter dem Blatt. Zugleich habe es ihn gereizt, "etwas auszuprobieren". Inzwischen seien die Bedingungen für Rollstuhlfahrer viel besser geworden: "So viele Rollstuhlklos, wie es heute an Autobahnen gibt, so viele können Sie gar nicht benutzen."

Reiter, dessen Autobiografie "Gestatten, dass ich sitzen bleibe" gerade erschienen ist, berichtete in dem Interview auch von Selbsttötungsabsichten nach seinem Autounfall von 1966. Jedoch habe er im letzten Moment "gemerkt, dass ich gar nicht tot sein will". "Von irgendwo her brach die Vitalität durch: lieber das beschissenste Leben als gar keins", berichtete Reiter.

Umstrittene MDR-Anlagepolitik

Der Hörfunkjournalist, der 20 Jahre lang von 1991 bis 2011 MDR-Intendant war, verteidigte in dem Interview auch die umstrittene Anlagepolitik des Senders. Man habe seinerzeit 560 Millionen Mark zur Verfügung gehabt. Alle Experten seien sich jedoch einig gewesen, dass der Aufbau der Dreiländeranstalt 1,2 Milliarden Mark kosten würde. "Hätten wir den Fehlbetrag durch Schulden finanzieren sollen?" fragte Reiter. Dies wäre "eine Hypothek auf Ewigkeit" geworden. Bei den Investitionen in Fonds und Staatsanleihen sei man schließlich "unglaublich erfolgreich" gewesen, mit Ausnahme des Verlustes von 2,6 Millionen Mark in Ecuador. Im selben Jahr habe man jedoch 79 Millionen Mark Gewinn gemacht.

Angesprochen auf die Skandale der zurückliegenden Jahre beim Mitteldeutschen Rundfunk sagte Reiter, weder durch den ehemaligen Sportchef Wilfried Mohren noch durch den Unterhaltungschef Udo Foht sei dem MDR Schaden entstanden. Lediglich die Affäre um den Kinderkanal KiKa werde "dem Begriff Skandal gerecht". "Das war eine scheußliche Affäre, die mich auch persönlich getroffen hat", räumte der 68-Jährige ein.