Die katholische Kirche zu Gast bei Maybrit Illner

Foto: ZDF/Svea Pietschmann
Manfred Lütz, Pater Klaus Mertes, Maybrit Illner, Eva Müller, Volker Beck, Lisi Maier bei der Talkshow mit Maybritt Illner am Donnerstag, 14.02.2013.
Die katholische Kirche zu Gast bei Maybrit Illner
"Wir sind Papst" - titelte die Bild mit großen Lettern, als aus Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI. wurde. Für einen Moment hofften viele, dass das der Kirche in Deutschland neuen Auftrieb geben könnte. Mehr noch - dass ein Heiliger Vater aus der Bundesrepublik Reformen anstoßen würde, auf die die Basis schon so lange wartet. Doch es kam bekanntlich anders. "Erschöpfter Papst, erschöpfter Glaube - wie viel Kirche brauchen wir?" war deshalb das Thema Maybrit Illner - und schon die Auswahl ihrer Gäste verriet, dass ein entscheidender Aspekt an diesem Abend fehlte.

Die Kirche steckt in einer Krise - das stellte das ZDF schon im Vorfeld der abendlichen Talkrunde bei Maybrit Illner fest. "Wie viel Kirche brauchen wir?" Das wollte die Talkmasterin mit ihren Gästen erörtern. Allein - dazu kam es nicht.

Schon die geladenen fünf Gäste machten deutlich: Dies würde ein katholischer Abend werden. Mit Pater Klaus Mertens, dem Jesuiten, der Fälle von sexuellem Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich machte, und Manfred Lütz, dem Theologen, Arzt und Papstfreund kamen zwei katholische Urgesteine in die Runde. Außerdem diskutierte Lisi Maier, die Bundesvorsitzende der katholischen Jugend, mit.

Am Ende war alles gut?

Auf der kirchenkritischen Seite saßen der grünen Politiker Volker Beck und die Journalistin Eva Müller, die zuletzt mit dem Film und Buch "Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt" für Aufsehen gesorgt hatte. Ein Ausschnitt aus ihrer Dokumentation war es dann auch, der für erste Diskussionen sorgte. Der Fall: Bernadette K. wurde als Leiterin eines katholischen Kindergartens gekündigt, weil sie sich von ihrem Ehemann trennte und mit einem neuen Partner zusammenzog. Hilfe suchte sie im Gespräch mit ihrem Arbeitgeber - und erhielt die Kündigung.

"Die Geschichte ist gut ausgegangen. Die Stadt hat der Kirche die Trägerschaft entzogen, die Kindergärtnerin durfte bleiben", ergänzt Müller salopp das Ende der Geschichte. Ein klarer Fall von Unrecht - da war sich die Runde einig. Doch nach welchen Regeln sollen kirchliche Einrichtungen funktionieren? Für Manfred Lutz ist die Lösung offensichtlich: weniger ist mehr. Denn es es fehlten katholische Mitarbeiter für all die Einrichtungen. "Für mich ist es Blasphemie, wenn einer kommt und sagt: "Schütt' mal eben Wasser drüber, dann kann ich für dich arbeiten."

Deshalb gibt es für Lutz einen Weg: Nur wenn man die Zahl der katholischen Einrichtungen reduziert, kann man die verbleibenden mit ernsthaften Katholiken besetzen. Eine Vorstellung, die seinen Glaubensbruder Mertens zu wildem Kopfschütteln verleitet. Damit sei das Problem noch lange nicht gelöst. Biografien könnten immer scheitern, Ehen geschieden werden. Die Kirche müsse hier zu einer neuen Offenheit kommen. Der Grünenpolitiker Beck pflichtet ihm sogleich bei und fragt, ob es nicht auch ein Akt der Nächstenliebe sei, die unterschiedlichen Sexualitäten anzuerkennen - so, wie es auch die evangelische Kirche geschafft habe. Immer wieder fordert der Politiker außerdem, dass das Privatleben keinen Einfluss auf den Arbeitslatz haben dürfe.

Kirche auf der Anklagebank

In der Diskussion geht es jedoch nicht ausschließlich um nötige Reformen. Denn immer wieder findet sich die Kirche - die einst große moralische Instanz - auf der Anklagebank wieder. Natürlich bei den erschütternd vielen Missbrauchsfällen an Kindern und Jugendlichen in kirchlicher Obhut. Aber auch der Fall der vergewaltigten Frau, die von katholischen Kliniken in Köln abgewiesen wurde, hat die Gläubigen und damit auch die Kirche erschüttert. "Bei unseren Jugendkreisen war das immer wieder Thema. Weil der Aspekt der Barmherzigkeit hier nicht gegriffen hat", erzählt Lisi Maier von ihrer Arbeit und kritisiert, wie die Frau mehrfach zum Opfer gemacht wurde.

Es sind wichtige Themen, die an diesem Abend diskutiert werden - viel geht es um die Machtstrukturen in der katholischen Kirche. Doch letztlich führen sie am Thema vorbei. Denn eines zeigt die Diskussion: Wenn die Öffentlichkeit von "der Kirche" spricht, ist vor allem die katholische gemeint. Aber auch die evangelischen Kirchen sind leer, auch die Zahlen der Kirchenaustritte auf protestantischer Seite sind hoch. Wer wissen möchte, wie viel Kirche wir brauchen, warum die Kirche in der heutigen Zeit so wenigen ein zu Hause bietet, darf nicht allein über das Zölibat und die Sexualmoral sprechen. Hier hat die Sendung eindeutig zu kurz gegriffen.