Roboter? Die wollen doch nur helfen, oder?

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd
Ein humanoider Roboter auf einer Messe, der anstelle von Menschen gefährliche Aufgaben erledigen könnte.
Roboter? Die wollen doch nur helfen, oder?
Roboter schrauben, löten und schweißen in Fabriken, saugen und mähen zu Hause oder weisen im Straßenverkehr den Weg. Sie können heute schon selbständig auf dem Fußballfeld kicken, Handtücher falten, tanzen, laufen, trösten und bei der Pflege helfen. Werden aber Roboter irgendwann zur Konkurrenz oder gar Bedrohung für den Menschen? An der Evangelischen Akademie Baden haben Fachleute aus dem Gebiet gemeinsam darüber nachgedacht. Das Ergebnis ist doch noch sehr menschlich.

Sie heißen Max, Obelix, Asimo, NAO, Armar, Care-O-bot®, ACDROID, Flobi, WABOT-1, Justin, Lola, iCub oder HRP-4c und sehen Menschen manchmal schon zum Verwechseln ähnlich. Noch sind es nur Prototypen und meist haben sie ihr Labor noch nie verlassen. Nur die wenigsten von ihnen werden außer zu Forschungszwecken schon probeweise als Serviceroboter in der Pflege eingesetzt, indem sie etwa alten Menschen Getränke anbieten oder dreckige Wäsche entsorgen. Bald werden sich aber die Anwendungsbereiche der Roboter erheblich erweitern. Nur wird das ein Segen oder eine Gefahr für die Menschen bedeuten?

Der Robot-Begriff stammt aus dem Slawischen und bedeutet Fron- und Zwangsarbeit. Erst durch ein Theaterstück des Tschechen Karel Čapek von 1920 wurde das Wort populär. Moderne Industrieroboter, die in ihrer Werkhalle schweißen, stanzen oder löten, sind heute selbstverständlich. Allerdings funktionieren sie nur in einem klar programmierten und menschenfreien Bereich. Außerhalb der Fabrik wären sie nutzlos. Anders dagegen sind heute schon selbsttätige Staubsauger oder Rasenmäher im Einsatz. Die arbeiten aber mehr nach dem Zufallsprinzip und mit einer Sensorik, die vor allem verhindern soll, dass keine Möbel oder gar vorbeilaufende Hausbewohner zu Schaden kommen.

"Ein Roboter wird dann menschlich, wenn ich ihm menschliche Eigenschaften zuschreibe"

Aber schon Immer faszinierte die Menschen die Idee der Humanoiden, der menschenähnlichen Roboter. Im 18. Jahrhundert besuchte der österreichisch-ungarische Mechaniker Wolfgang von Kempelen mit seinem so genannten "Schachtürken" die europäischen Höfe und erregte großes Aufsehen. Wie von Geisterhand zog eine prächtig gekleidete orientalisch anmutende Puppe die Figuren auf dem Brett, sozusagen der Prototyp heutiger Schachcomputer. Damals war alles Betrug: Im Gehäuse des Apparates saß ein kleinwüchsiger Mensch, der magnetisch von unten Dame, König und Bauern bewegte. Nur die Illusion war perfekt. Die Menschen glaubten einfach, dass dieser Roboter autonom Schach spielen konnte. Eine Zuschreibung, die bis heute in der Robotik ein entscheidender Faktor ist.

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An der Bielefelder Universität untersucht die Psychologin Friederike Eyssel die Akzeptanz humanoider Roboter. "Ein Roboter wird dann menschlich, wenn wir in einer Situation der psychologischen Unsicherheit sind und es mir hilft, wenn ich einem Roboter-System menschliche Persönlichkeitseigenschaften zuschreibe, um ihn mir dadurch gleicher zu machen", weiß die Psychologin. Auch Menschen, die sich in einer Einsamkeitssituation befinden, sind eher dazu geneigt, zu einem Roboter Du zu sagen und mit ihm wie mit einem Menschen zu reden. Es muss ja dann nicht mehr unbedingt der Schoßhund oder die Hauskatze sein.

Psychologisch betrachtet kann der Roboter schon jetzt Freund, Kumpel und  Ansprechpartner sein. Wenn Menschen den Blechkasten als quasi-menschlich annehmen, bedeutet dies unter Umständen Stressreduktion und seelische Erleichterung: Ich habe jemanden, mit dem ich rede und der sich um mich kümmert. In der Pflege oder Kinderbetreuung könnten Roboter daher bald häufiger zum Einsatz kommen. Denn die Roboter-Technik entwickelt sich rasant. Längst sind die Automaten dank immer besserer Sensorik und Datenverarbeitung autark.

Robotische Hilfe ist nicht immer eine Entmündigung

Der Informatiker Wolfram Burgard leitet die Arbeitsgruppe für Autonome Intelligente Systeme an der Universität Freiburg. Der an seinem Institut entwickelte autonome Roboter "Obelix" schaffte es im letzten Jahr unter großem medialem Interesse erstmals, den etwa 4 km langen Weg vom Campus in die Freiburger Innenstadt selbständig zurückzulegen. Der Roboter erkannte jedes Hindernis - Autos, Menschen, Bächle. Schon jetzt sind Roboter "klüger" als Menschen. Würde man einen Menschen und einen Roboter in einem unbekannten Terrain oder auf einem fremden Planeten aussetzen, wäre der Roboter dem Menschen haushoch überlegen. Denn der Roboter würde schneller als jeder Mensch eine präzise Karte erstellen und sich so orientieren können.

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"Natürlich hätten wir als Menschen andere Strategien. Wir könnten wie Hänsel und Gretel Brotkrümel hinter uns lassen, um unseren Weg zurückzufinden. Aber wenn wir nur Bilder haben oder Abstandsmessungen, dann ist der Roboter deutlich besser als der Mensch", sagt Burgard.

Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis humanoide Roboter nicht nur zu unserem Lebensalltag gehören, sondern ihn auch beherrschen? Der russisch-amerikanische Biochemiker und Sci-Fi-Autor Isaac Asimov formulierte dafür schon in den 1940er Jahren seine bis heute gültigen Robotergesetze.

Auch wenn danach Roboter Menschen niemals verletzen dürfen und die heutige Haftpflicht im Grunde alle künftigen Schadensfälle erst einmal regulieren kann, bleibt die Frage, ob die Menschen nicht durch zu viel Automation in eine fatale Abhängigkeit geraten. Aber längst nicht für jeden Menschen bedeutet der hilfreiche Blechapparat eine Entmündigung.

Roboter sind etwa in der Pflege für nicht wenige Menschen eine angenehme Vorstellung. "Wenn mir ein Roboter bei der Intimpflege hilft, habe ich immer noch den Eindruck, ich mache das selbst und bin damit weniger pflegebedürftig. Selbst wenn die Handlungen des Roboters dieselben sind, die der Mensch ausführt, kann ich noch sagen, ich mache es noch alleine, denn echnisch unterstützt ist ja immer noch alleine", sagt Michael Decker vom Karlsruher Institut für Technologie KIT.

Menschen wollen immer etwas mit Menschen machen

Wieso sollte also nicht auch alsbald der Pflegenotstand gelöst werden, indem die Kranken- und Pflegekassen kostengünstigere Robotersysteme zur Verfügung stellen, die weder krank werden können noch Urlaub machen wollen? Der am KIT für Technikfolgenabschätzung zuständige Michael Decker berät in einer Expertenkommission auch die Bundesregierung. Er empfiehlt, dass den Menschen in Zukunft aber immer auch ein Vetorecht eingeräumt werden sollte.

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Wenn also künftig die Kranken- oder Pflegekasse aus Kostengründen ein Robotiksystem als Standardpflegeleistung vorschreiben will, so müsse der Patient immer noch ein Recht auf einen Menschen bei der Pflege haben dürfen.

Wir stehen erst am Anfang einer politischen und ethischen Robotik-Debatte. Wann sie voll entbrennt, ist noch nicht klar. Dass sie aber in naher Zukunft in vollem Gang sein wird, ist unausweichlich. Aber Decker warnt vor Science-Fiction-gespeister Hysterie. Er glaubt nicht, dass Roboter irgendwann die Welt beherrschen und Menschen nur noch die passiven und letztlich entmündigten Nutzer sein werden: "Die Leute haben auch nicht aufgehört Schach zu spielen, nur weil es jetzt coole Schachroboter gibt. Die Intention von Menschen ist immer, etwas mit Menschen zu machen. Das ist einfach eine andere Kategorie."