Algerischer Politveteran soll Syrien retten

Foto: dpa/Justin Lane
Algerischer Politveteran soll Syrien retten
Der pensionierte Spitzendiplomat Lakhdar Brahimi will im internationalen Auftrag im Syrien-Konflikt vermitteln. Doch die Ohmacht der Vereinten Nationen und die verhärteten Fronten stehen seiner Mission im Weg.
29.08.2012
epd
Jan Dirk Herbermann

Er gilt als letzte Hoffnung für Syriens geschundene Bevölkerung: Lakhdar Brahimi, 78, der neue internationale Sondergesandte für das arabische Land. Am 1. September übernimmt der ehemalige algerische Außenminister den Posten - er soll Syrien nach 18 Monaten brutaler Gewalt endlich Frieden bringen. Der Mann mit dem vollen weißen Haar und der Brille, der in Paris das Leben eines Pensionärs genießt, übernimmt den schwierigsten internationalen Job, den man sich derzeit vorstellen kann.

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Auftraggeber sind die Vereinten Nationen und die Arabische Liga. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gab Brahimi mit auf den Weg: "Ihre Führerschaft wird sehr wichtig sein, um den Konflikt zu beenden." Der Algerier selbst sagte kurz nach seiner Berufung, er müsse "verrückt" sein, um ja gesagt zu haben, und fügte hinzu: "Jemand muss diesen Job machen." Das klang fast wie eine Entschuldigung.

Zu seinen Aussichten meinte er: "Ich könnte sehr wohl scheitern, aber manchmal hat man Glück und erzielt einen Durchbruch." Immerhin gilt Brahimi als erfahrener diplomatischer Feuerwehrmann, er rückte für die UN schon zu brisanten Einsätzen aus: So leitete er die UN-Mission in Afghanistan.

Was Kofi Annan nicht schaffte ...

Diplomaten schätzen die Chancen seiner Syrien-Mission als eher gering ein. "Der erste Syrien-Sondergesandte Kofi Annan schaffte es nicht, warum soll es dann der zweite Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi schaffen?" fragen skeptische Unterhändler. Seit Beginn der Unruhen starben in Syrien nach UN-Schätzungen mehr als 17.000 Menschen. Hunderttausende Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.

Entscheidend dürfte es für Brahimi sein, ob die Vereinten Nationen und vor allem der UN-Sicherheitsrat geschlossen hinter ihm stehen. Doch von einer einheitlichen Linie kann im wichtigsten UN-Gremium keine Rede sein. Der Sicherheitsrat ist in der Frage, wie der Syrien-Konflikt gelöst werden soll, tief gespalten. Die westlichen Staaten verlangen eine harte Gangart gegen Diktator Baschar al-Assad. Die USA schließen auch Militärschläge nicht aus.

Russland und China hingegen, ebenfalls Vetomächte, legen ihre schützende Hand auf den Gewaltherrscher. Die Uneinigkeit wurde schon dem ersten Syrien-Gesandten Annan zum Verhängnis. Moskau und Peking lehnten es ab, Assad mit Sanktionen zu drohen, falls er den Friedensplan Annans nicht einhält. Der Friedensplan scheiterte. Annan resignierte: "Ohne die klare Unterstützung des Sicherheitsrates ist es für den Sondergesandten kaum möglich, Fortschritte zu erzielen."

Für Assad sind Gespräche Schwäche

Das zweite massive Problem Brahimis: Es scheint ausgeschlossen, dass sich das Assad-Regime und die Opposition an den Verhandlungstisch setzen. Assad und seine Clique wollen um jeden Preis die Macht behalten. Echte Gespräche mit Gegnern gelten für Assad als Schwäche. Auf der anderen Seite weigert sich auch die Opposition, mit Assad zu sprechen - zu viel Blut klebt an den Händen des Tyrannen.

Brahimi wird als sehr höflich und freundlich beschrieben. Er engagierte sich im algerischen Unabhängigkeitskrieg gegen die Kolonialmacht Frankreich (1954-1962). Danach wirkte er als algerischer Botschafter unter anderem in Großbritannien und bei der Arabischen Liga, für die er erfolgreich im Libanon-Konflikt vermittelte. Von 1991 bis 1993 war er Außenminister, bevor er zu den Vereinten Nationen wechselte. Er leitete Sondermissionen im Kongo (damals Zaire), im Jemen, in Liberia und kurz vor den ersten freien Wahlen in Südafrika 1994.

Seine Tochter Regem ist mit dem jordanischen Prinzen Ali verheiratet. Brahimi spricht arabisch, französisch und englisch. Auf seiner Syrien-Mission wird er sein ganzes diplomatisches Geschick ins Feld führen müssen. Vielleicht wird er sich in seinen beschaulichen Ruhestand in Paris zurücksehnen.