Winnenden-Prozess: Mitschüler besichtigten Waffen im Haus des Amokläufers

Winnenden-Prozess: Mitschüler besichtigten Waffen im Haus des Amokläufers
Im neu aufgerollten Winnenden-Prozess sind am zweiten Verhandlungstag die ehemaligen Mitschüler des Amokläufers Tim K. zu Wort gekommen. Sie berichteten am Montag vor dem Stuttgarter Landgericht von ihrem Besuch im Waffenraum der Familie von Tim K.

Als die Schüler zusammen mit ihm für ein Schulprojekt lernten, habe der Vater Jörg K. ihnen seine Waffen gezeigt, darunter auch ein Scharfschützengewehr mit Laservorrichtung, sagte der 22-jährige Marc N. vor Gericht aus. Zielbeleuchtende Vorrichtungen, zum Beispiel Laser, sind in Deutschland laut Waffengesetz verboten. Der Vater des Winnender Amokschützen muss sich seit Donnerstag zum zweiten Mal vor Gericht verantworten, weil der Bundesgerichtshof einen entscheidenden Verfahrensfehler im Umgang mit einer wichtigen Zeugin während des ersten Prozesses sieht (AZ: 7 KLs 112 JS 21916/09).

Ob ihr Mitschüler Tim K. den Code des Waffentresors seines Vaters kannte, bleibt nach den Aussagen der Ex-Mitschüler unklar. "Tim hat mir immer gesagt, dass er den Code kennt", sagte der Industriemechaniker Marco K., was er wenige Minuten später aber wieder bestritt. "Als ich vom Amoklauf hörte, kam mir der Gedanke: Der hat ja den Keller voller Waffen, vielleicht hat er deshalb einen Amoklauf gemacht", sagte der 19-jährige Matija S.

Dem Vater droht eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung

Am Freitag werden als Zeugen die Ärzte und Therapeuten des Weinsberger Klinikums geladen, die Tim K. ein Jahr vor dem Amoklauf psychologisch betreut hatten. Bisher haben sie noch nicht vor Gericht ausgesagt, weil sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen hatten. Vor Gericht muss nun geprüft werden, ob sie nach dem Tod ihres Patienten und der schwerwiegenden Amoktat doch gezwungen sind, auszusagen.

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Für die Verteidigung und die Hinterbliebenen sei es wichtig, herauszufinden, ob die Eltern von den Fremdtötungsabsichten ihres Sohnes wussten oder nicht, sagte Anwalt Jens Rabe, der mehrere Eltern getöteter Kinder vertritt.

Dem 53-jährigen Sportschützen Jörg K. droht eine erneute Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung. Zwar lautet die Anklage nur auf Verstoß gegen das Waffengesetz, aber der Vorsitzende Richter hatte zu Prozessbeginn eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung nicht ausgeschlossen.

Der 17-jährige Tim K. hatte mit der Waffe und Munition seines Vaters am 11. März 2009 in seiner ehemaligen Schule in Winnenden bei Stuttgart neun Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm. Sein Vater Jörg K. hatte die Mordwaffe unverschlossen aufbewahrt. Im Februar 2011 wurde der ehemalige Unternehmer wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und wegen fahrlässiger Tötung zu 21 Monaten auf Bewährung verurteilt (2404/19.11.2012).