Evangelischer Fachverband: Familiensplitting bevorzugt Gutverdiener

Evangelischer Fachverband: Familiensplitting bevorzugt Gutverdiener
Die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen (eaf) hat sich gegen die Einführung eines Familiensplittings im Steuerrecht nach französischem Vorbild ausgesprochen.
21.08.2012
epd
Dirk Baas

Das deutsche Ehegattensplitting sei überholt und werde heutigen Lebenssituationen nicht mehr gerecht, "doch die Ablösung durch ein Familiensplitting würde eher zur Verschlechterung beitragen", sagte eaf-Vizepräsident Wolfgang Hötzel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Statt Familien mit niedrigem Einkommen und mehreren Kinder zu entlasten, würden von einer solchen Reform vor allem Gutverdiener profitieren.

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Das System der wirtschaftlichen Entlastung von Familien werde den Anforderungen an Gerechtigkeit und Transparenz nicht mehr gerecht, erläuterte Hötzel. Das gelte vor allem mit Blick auf das Grundrecht eines jeden Kindes auf Entwicklung und Entfaltung und den Anspruch auf öffentliche Förderung durch den Staat. Neben finanziellen Hilfen sei es wichtig, die für Familien wichtige soziale Infrastruktur wie etwa Krippen- und Hortplätze auszubauen.

Kein Angriff auf die Ehe

Hötzel warnte vor enormen Bürokratiekosten beim Familiensplitting. Die ließen sich kaum vermeiden, weil auch die Einkünfte der Kinder voll zu berücksichtigen wären und auch nicht verheiratete oder getrennt lebende Eltern in die Berechnungen einbezogen werden müssten.

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Die eaf wirbt deshalb für eine grundsätzliche Neukonzeption der steuerlichen Behandlung von Familien. Hötzel zufolge ist das Modell der Individualbesteuerung optimal. Die würde zunächst unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation gelten. Wenn indes für Kinder, nicht oder wenig verdienende Ehepartner oder pflegebedürftige Familienangehörige weitere finanzielle Belastungen entstünden, "muss es Unterhaltsausgleichsbeträge geben." Die minderten das zu versteuernde Einkommen.

Der eaf-Vize betonte den Eigenwert der Ehe, "die auch heute noch viele Paare als Orientierung und Festigung ihrer Beziehung leben". Doch sei es "prinzipiell falsch, den Wert der Ehe am Grad ihrer steuerlichen Privilegierung zu messen." Eine familien- und kindergerechte Besteuerung dürfe nicht als Angriff auf die Ehe interpretiert werden.