Hamburger Senat legt Vertrag mit Islamverbänden vor

Hamburger Senat legt Vertrag mit Islamverbänden vor
Als erstes Bundesland will Hamburg einen staatlichen Vertrag mit Muslimen und Aleviten schließen. In ihm werden der Religionsunterricht, der Bau von Moscheen und die Trägerschaft von Kindertagesstätten geregelt sowie drei islamische Feiertage anerkannt.

Hamburg will als erstes Bundesland einen staatlichen Vertrag mit Muslimen und Aleviten schließen. Er solle den islamischen und alevitischen Gemeinden ihre Rechte und Pflichten bestätigen und ihnen den "Platz in der Mitte der Gesellschaft einräumen", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des Vertragswerkes am Dienstag. Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen sei "ein Signal der Bereitschaft zu einem kooperativen Miteinander", fügte Scholz hinzu. Die beiden großen Kirchen begrüßten die Vereinbarung.

Neben Aussagen zu Wertegrundlagen enthält der Vertrag Regelungen zum Religionsunterricht, der Anerkennung von drei islamischen Feiertagen, dem Bau von Moscheen, die Trägerschaft von Kindertagesstätten sowie der religiösen Betreuung in Heimen, Krankenhäusern und Vollzugsanstalten. Vertragspartner des Senats sind der Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura), die Türkisch-Islamische Union (DITIB) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Die drei Islamverbände vertreten nach eigenen Angaben über 90 Prozent der rund 130.000 Hamburger Muslime. Vierter Partner ist die alevitische Gemeinschaft mit rund 50.000 Mitgliedern. Noch im Herbst soll der Vertrag in der Bürgerschaft beraten und beschlossen werden.

Christliche Kirchen loben den Vertrag

Hamburg sei "geprägt durch seine christliche Tradition und Kultur" und habe "gerade deshalb gelernt, eine weltoffene und tolerante Stadt zu sein", sagten die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs und der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Nach den guten Erfahrungen des langjährigen interreligiösen Dialoges äußerten sie sich zuversichtlich, dass die Vereinbarungen mit Leben gefüllt werden.

Die Regelung über den Religionsunterricht ist laut Scholz in enger Abstimmung mit der evangelischen Nordkirche erfolgt. Der an staatlichen Schulen erteilte "Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung" (Hamburger Modell) sei ein "seit Jahrzehnten gepflegtes Kleinod", sagte Scholz. Er soll mit dem Ziel einer gleichberechtigten Beteiligung auch der islamischen und alevitischen Religionsgemeinschaften weiterentwickelt werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass auch muslimische und alevitische Lehrer eingesetzt werden können. Dafür wurde eine fünfjährige Entwicklungsphase vereinbart.

Bischöfin Fehrs sieht in dem Modell "eine wertvolle Anregung für die Praxis anderer Bundesländer". Die Nordkirche habe dankbar zur Kenntnis genommen, dass die islamischen Verbände ihrerseits an einer Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für alle interessiert sind. Die Katholiken in Hamburg wollen dagegen an ihrem Modell des katholischen Religionsunterrichts festhalten, sagte Weihbischof Jaschke.

Die Anerkennung der drei Feiertage bedeutet, dass Arbeitnehmer künftig das Recht haben, am Fastenbrechen oder am Opferfest Urlaub zu nehmen. Schüler dürfen dem Unterricht fernbleiben. Die muslimischen Feiertage werden damit dem Reformationstag, Fronleichnam oder dem Bußtag gleichgestellt.

Auf dem Weg zur Gleichstellung

Der Vertrag verleiht den islamischen Religionsgemeinschaften nicht den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts. Daher gibt es auch ausdrücklich keine Regelungen über Kirchen- oder Kultussteuern sowie auch keine Regelungen über finanzielle Förderungen. Der Staatsrechtler Gerhard Robbers wertete den Vertrag als einen konsequenten Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der muslimischen Gemeinschaft mit christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft. Die Regelung lehne sich an die bestehenden Staatsverträge an, sagte der Trierer Rechtsprofessor dem Evangelischen Pressedienst.

Zekeriya Altug von der Türkisch-Islamischen Union bezeichnete den Vertrag als einen "Wegweiser für die Zusammenarbeit in Zukunft und nicht nur in Hamburg". Daniel Abdin (Schura) sprach von einem "wichtigen Schritt hin zur institutionellen Anerkennung des Islam in Deutschland".