Loveparade: "Jeder verarbeitet die Trauer anders"

Foto: epd-bild / Friedrich Stark
Bei der Gedenkfeier zum ersten Jahrestag am 24. Juli 2011 wurden in der Duisburger MSV-Arena Blumen verteilt.
Loveparade: "Jeder verarbeitet die Trauer anders"
Die Gedenkfeier für die Opfer der Loveparade in diesem Jahr steht für einen Neuanfang. Erstmals wird der Gedenkakt am 24. Juli gemeinsam mit der Stadt organisiert. Im vergangenen Jahr war das Verhältnis noch so zerrüttet, dass die Angehörigen eine Beteiligung der Stadt abgelehnt hatten. Auch für die Errichtung einer Gedenkstätte am Unglücksgelände ist nach zähem Ringen inzwischen der Weg frei. Doch auch zwei Jahre nach dem Unglück, bei dem 21 junge Menschen starben und mehr als 500 verletzt wurden, bleiben viele Fragen offen, vor allem die nach juristischer und moralischer Schuld.
24.07.2012
epd
Holger Spierig

Mit dem neu gewählten Oberbürgermeister Sören Link (SPD) stehe die Stadt endlich zu dem, was passiert sei, erklärt Angelika Köhler von der "Loveparade-Selbsthilfe". "Von der Stadt kam ja vorher sehr wenig Unterstützung." Das ändere sich jetzt gerade massiv. So habe sich Link schon früh um den persönlichen Kontakt mit den Angehörigen bemüht. Dass die Einigung über die Gedenkstätte zustande kam, sei auch dem Engagement des neuen OBs zu verdanken, der auch auf der Gedenkfeier sprechen wird.

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Die Gedenkfeier im vergangenen Jahr war auf ausdrücklichen Wunsch der Angehörigen nicht von der Stadt, sondern von der Düsseldorfer Staatskanzlei organisiert worden. Die Abwahl des früheren Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) war aus Sicht der trauernden Familienangehörigen ein wichtiges Signal, wie Köhler erzählt. Sauerland war vor allem wegen seiner Weigerung, politische Verantwortung für das Unglück einzuräumen, Anfang des Jahres als erstes Stadtoberhaupt in Nordrhein-Westfalen auf Initiative von Bürgern abgewählt worden.

Viele Angehörige der Opfer sehen in dem öffentlichen Gedenken eine Hilfe in ihrem Schmerz, wie die "Loveparade-Selbsthilfe" erklärt. "Der Trauerprozess wird jedoch niemals abgeschlossen sein", ist der rheinische Landespfarrer für Notfallseelsorge, Uwe Rieske, überzeugt.

Seit zwei Jahren keine ruhige Nacht

Einige der Angehörigen fänden erst in diesem Jahr jetzt die Kraft, an der Gedenkfeier teilzunehmen, berichtet Köhler. "Jeder verarbeitet die Trauer anders." So gebe es einige Familien, denen gelinge es, ihr Leben inzwischen wieder halbwegs normal weiter zu führen. "Ich kenne aber auch eine Mutter, die seit zwei Jahren keine Nacht richtig schlafen kann", erzählt Köhler.

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Trotz manch positiver Entwicklung ist die juristische Schuldfrage immer noch nicht geklärt. Derzeit wird gegen 17 Menschen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung ermittelt. Ob und wann ein Verfahren eröffnet wird, ist noch immer nicht absehbar.

Besonders bitter ist es für die Opfer und Angehörigen, dass Entschädigungen nur sehr spärlich und zögerlich gezahlt werden. Die Versicherung, die für den damaligen Veranstalter die Ansprüche bearbeitet, hatte unbürokratische Hilfen angekündigt. "Davon sind wir meilenweit entfernt", beklagt Köhler. Die Versicherung fordere von den Opfern ein Gutachten nach dem anderen ein. "Das ist für die Betroffenen, die immer noch angeschlagen sind, sehr belastend", berichtet Köhler.

Gedenkstätte soll 2013 fertig sein

Diese Ansprüche besser durchzusetzen, ist ein Ziel des Vereins. Die Selbsthilfe bietet Angehörigen und Opfern zudem ein Forum, vermittelt Kontakte zu Ärzten und Therapeuten. Außerdem kümmert sich der Verein um die Gestaltung des Gedenkortes.

Nach dem Bebauungsplan, den der Duisburger Stadtrat am 4. Juli beschlossen hat, sollen für die künftige Gedenkstätte rund 660 Quadratmeter reserviert sein. Der Investor kündigte bereits an, dass der Gedenkort rechtzeitig vor dem nächsten Jahrestag fertig sein soll.

"Diesen Job kann man nur als Überzeugungstäterin machen", erzählt Köhler. Was sie in ihrer aufreibenden Arbeit antreibe, sei Dankbarkeit: "Mein Kind war damals auf dem Weg zur Loveparade, ist aber wegen Überfüllung nur bis zum Bahnhof gekommen." Sie habe an dem Tag aber das Gleiche erlebt wie viele Eltern, die verzweifelt versucht haben, nach den Katastrophen-Meldungen ihre Kinder zu erreichen.