Für neue Kita-Plätze fehlen Erzieherinnen

Für neue Kita-Plätze fehlen Erzieherinnen
In den vergangenen fünf Jahren hat sich einer Studie zufolge die Zahl der Erzieherinnen in den Kindertagesstätten um ein Viertel auf 440.000 erhöht. Für die Verwirklichung eines Rechtsanspruches auf einen Kita-Platz im nächsten Jahr fehlen dennoch rund 15.000 Erzieherinnen, wie die Bertelsmann Stiftung am Donnerstag in Gütersloh erklärte.

Mehr Anreize zur Vollbeschäftigung könnten den Personalmangel erheblich lindern. Das Bundesfamilienministerium begrüßte die Anregung. Die Umwandlung von Teilzeit- in Vollzeitplätze berge "ein erhebliches Potenzial für den Ausbau der Personalkapazitäten". Die Arbeiterwohlfahrt zeigte sich skeptisch. 

Rund 60 Prozent der pädagogischen Fachkräfte arbeiteten bislang in Teilzeitstellen, erklärte die Stiftung bei der Vorstellung des diesjährigen "Ländermonitors Frühkindliche Bildungssysteme". Das sei eine doppelt so hohe Quote wie der bundesweite branchenübergreifende Durchschnitt. In den östlichen Bundesländern seien von den insgesamt 79.000 Beschäftigten sogar mehr als 75 Prozent in Teilzeit beschäftigt. Die höchste Quote an Vollzeit-Erzieherinnen hat Nordrhein-Westfalen mit 56 Prozent.

Steigende Nachfrage in Westdeutschland

Der Bedarf an pädagogischem Personal werde vor allem in Westdeutschland durch eine steigende Nachfrage nach Ganztagsbetreuung für Kinder ab drei Jahren weiter steigen, prognostizierte die Stiftung. Bislang hätten die Eltern noch nicht einmal für jedes dritte Kind dieser Altersgruppe, das eine Kita besucht, eine tägliche Betreuungszeit von mehr als sieben Stunden vereinbart.

Aus dem Ministerium hieß es am Donnerstag, man sei beim Kita-Ausbau "auf einem guten Weg". Dennoch bedürfe es noch großer Anstrengungen, um eine ausreichende Zahl an Betreuungsplätzen sowie genug Fachpersonal zur Verfügung zu stellen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat deswegen Ende Mai einen Zehn-Punkte Plan zum Ausbau der Kinderbetreuung vorgestellt, nach dem unter anderem eine Expertengruppe eingesetzt wurde. Das Gremium werde "zügig Vorschläge vorstellen, wie mehr Vollzeitstellen für Erzieherinnen angeboten werden können".

Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstitutes  in München, warb dafür, Fachkräfte im frühpädagogischen Bereich besser zu bezahlen, um die Jobs attraktiver zu machen. "Es überzeugt unter den heutigen Anforderungen an eine moderne Kita immer weniger, dass sie deutlich weniger verdienen als etwa Grundschullehrerinnen", sagte Rauschenbach dem "Hamburger Abendblatt" (Freitagsausgabe).

Auch Erzieherinnen wollen Familie und Beruf

Rauschenbach forderte mehr Kreativität, um die Ziele des Kita-Ausbaus zu erreichen. Teilzeitkräften müsse die Aufstockung auf Vollzeit erleichtert werden. "Zudem könnten Kommunen Tagesmütter fördern, die ein oder zwei Kinder mehr betreuen als bislang", so Rauschenbach: "Oder man nimmt vorübergehend ein Kind pro Kita-Gruppe mehr auf. Das führt noch nicht zum Untergang des Abendlandes."

Die Arbeiterwohlfahrt betonte, dass "bereits heute viele Krippengruppen nicht eröffnet und Einrichtungen nicht ausgebaut werden, weil es an qualifizierten Erziehern fehlt". AWO-Vorstandsmitglied Brigitte Döcker sagte in Berlin, das Problem könne allein mit dem bestehenden Personalstamm der Kitas nicht gelöst werden: "Rund 97 Prozent der Fachkräfte sind weiblich. Es ist ein Irrglaube, anzunehmen, dass alle Erzieherinnen Vollzeit arbeiten wollen." Auch Kindertageseinrichtungen müssten sich dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellen, betonte Döcker.