Bufdi mit 54: "Geld macht nicht reich"

Foto: epd-bild/Andreas Schoelzel
Der 54-Jährige Michael Bartsch (li.) ist gelernter Bäcker, kennt sich mit Computersoftware gut aus und arbeitet seit September 2011 als Bundesfreiwilliger im Berliner Internettreff "Schlange".
Bufdi mit 54: "Geld macht nicht reich"
Seit einem Jahr gibt es den Bundesfreiwilligendienst. Fast jeder fünfte "Bufdi" ist über 50
"Ich lerne hier selbst noch viel, ich kann den Leuten aber auch was von mir mitgeben", sagt der Bundesfreiwilligendienstleistende Michael Bartsch aus Berlin. Der 54-jährige war arbeitslos - und hilft jetzt als "Bufdi" Menschen mit Computerproblemen.

Der Berliner Internettreff "Schlange" ist eine Mischung aus Reparaturladen, Nachbarschaftstreff und Internetcafé. Anwohner lassen sich dort über Antivirusprogramme beraten, Teenager bringen ihren Laptop, wenn der nicht mehr funktioniert. Manchmal kommen Senioren in das weitläufige, helle Ladenlokal im Berliner Stadtteil Wilmersdorf und fragen, was es mit Facebook auf sich hat. Michael Bartsch weiß bei den meisten Problemen Rat. Der 54-Jährige ist gelernter Bäcker, kennt sich mit Computersoftware aber gut aus.

###mehr-links###

Seit September arbeitet er als Bundesfreiwilliger in der "Schlange". Der Bundesfreiwilligendienst wurde zwar als Ersatz für den Zivildienst eingeführt, er ist aber nicht nur für junge Menschen offen. Anders als beim Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr gibt es keine Altersgrenze. Auch Menschen, die älter als 27 Jahre sind, können mitmachen. Sie nutzen das Angebot rege: Im Mai machten die über 27-Jährigen nach Zahlen des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mehr als ein Drittel der knapp 33.000 Bundesfreiwilligen aus, fast jeder fünfte war über 50.

Drei von vier "Bufdis" im Internetcafé sind über 50 Jahre alt

Michael Bartsch hat vorher auch als Gebäudereiniger und Maler gearbeitet, zuletzt war er arbeitslos. Zum "Bufdi", wie die Bundesfreiwilligen auch genannt werden, wurde er eher zufällig. Der Berliner war früher öfter Gast im Internettreff. Im vergangenen Jahr fragten ihn die Leiter der "Schlange", ob er sich für den neuen Freiwilligendienst interessiere. Bartsch sagte kurzerhand zu. Er macht privat Filmmusik, verdient damit aber noch kein Geld. Nur zu Hause sitzen und dort an den Liedern arbeiten, die er für einen kanadischen Regisseur produziert, wollte er nicht. "Da lebt man ein bisschen wie im künstlerischen Vakuum", sagt der kräftig gebaute Mann, der im linken Ohr einen Ring trägt, und lacht. An seiner Arbeit bei der "Schlange" gefällt ihm besonders der Kontakt zu den Kunden.

###mehr-info###

Im Internetcafé arbeiten vier Bundesfreiwillige, drei sind über 50, einer 35 Jahre alt. Im September fangen noch zwei Abiturienten an. Diese Mischung sei ideal, sagt Carola Franke, pädagogische Leiterin des gemeinnützigen Vereins AKolleg, der die Einrichtung zusammen mit dem Wohnungsunternehmen degewo betreibt. "Wir wollen hier allen Altersgruppen die Möglichkeit bieten, den Umgang mit dem Computer zu lernen, auch Senioren. Da passt es, wenn wir auch ältere Mitarbeiter haben."

Der Anteil der älteren Bundesfreiwilligen ist besonders in Ostdeutschland hoch. In Sachsen waren im Mai rund 1.900 "Bufdis" älter als 50 Jahre, und knapp 1.090 unter 27. In Nordrhein-Westfalen dagegen standen rund 5.900 Menschen unter 27 Jahren nur 410 Bundesfreiwillige über 50 gegenüber.

Mitmachen und anerkannt werden

Unter den älteren Engagierten sind gerade im Osten neben Rentnern viele Arbeitslose, wie eine Studie der Universität Heidelberg und der Berliner Hertie School of Governance ergab, für die 100 Bundesfreiwillige befragt und Internetforen ausgewertet wurden. Nicht jeder sieht diesen Trend positiv. Die Arbeiterwohlfahrt und die FDP warnten bereits davor, den Freiwilligendienst als Arbeitsmarktinstrument zu missbrauchen. Es sei wichtig, dass alle Engagierten den Dienst freiwillig leisteten, betonte der FDP-Politiker Florian Bernschneider.

Der Studie zufolge ist der Bundesfreiwilligendienst für die älteren Engagierten manchmal eine Alternative zum Arbeitsmarkt. Daneben nannten sie aber auch die Teilhabe an der Gesellschaft und die persönliche Anerkennung als Motivation. Ein weiterer Anreiz für Arbeitslose ist der Zusatzverdienst. Bundesfreiwillige erhalten bis zu 336 Euro Taschengeld im Monat. Hartz-IV-Empfänger können davon 175 Euro behalten, der Rest wird auf ihre Bezüge angerechnet.

Für Michael Bartsch spielt das zusätzliche Geld keine große Rolle, sagt er. Reich werde er davon ohnehin nicht. "Aber Geld macht sowieso nicht reich", sagt Bartsch und grinst. "Ich lerne hier selbst noch viel, ich kann den Leuten aber auch was von mir mitgeben." Im September ist er seit einem Jahr im Einsatz, das ist die Regeldauer für den Bundesfreiwilligendienst. Maximal kann der Einsatz 18 Monate dauern. Für Bartsch steht jetzt schon fest, dass er seinen Dienst verlängern will.