Autorin Zeh: Nicht alles ist undemokratisch, was einem nicht gefällt

Autorin Zeh: Nicht alles ist undemokratisch, was einem nicht gefällt
Die Autorin und Juristin Juli Zeh sieht ein verbreitetes, falsches Verständnis von Demokratie. Demokratie sei nicht, wenn Menschen Dinge wählen, die man selbst gut und richtig findet.

Berlin (epd). Die Schriftstellerin Juli Zeh attestiert Teilen der deutschen Gesellschaft ein problematisches Demokratieverständnis. „Demokratie ist nicht, wenn Menschen Dinge wählen, die man selbst gut und richtig findet“, sagte die in Brandenburg lebende Zeh der „taz“ (Samstag). Sonst müsste die Schweiz als eine untergegangene Demokratie betrachtet werden, weil es dort beispielsweise erfolgreiche Plebiszite gegen den Bau von Minaretten gibt.

„Man muss unterscheiden können zwischen eigenen politischen Überzeugungen und Demokratie“, sagte Zeh. Im Extremfall setze unsere Verfassung auch demokratisch legitimierten Entscheidungen Grenzen, aber man könne nicht alles als undemokratisch bezeichnen, was einem nicht gefalle.

Misstrauen gegen Entscheidungsträger

Die Autorin von Büchern wie „Unterleuten“ und „Zwischen Welten“ verteidigt auch Wählerinnen und Wähler der AfD. „Der durchschnittliche AfD-Wähler will nicht das Parlament abschaffen“, sagte Zeh. Er hege vielmehr ein tiefes Misstrauen gegen alle Entscheidungsträger in den Hauptstädten: „Natürlich ist das Misstrauen in dieser Form aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Aber wenn man irgendetwas verstehen will, muss man es zur Kenntnis nehmen.“

In ihrem brandenburgischen Dorf, wo bei der Bundestagswahl im Februar 54 Prozent AfD gewählt haben, fänden die Menschen vor allem die anderen Parteien schlecht: „Ich glaube, wir haben momentan niemanden im Dorf, der mit seinen Meinungen außerhalb der Verfassung stünde.“ Die überwiegende Mehrheit sei auch nicht der Meinung, man müsste alle Ausländer remigrieren oder noch Schlimmeres.